Durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung in vielen Branchen haben die großen IT-Unternehmen in immer mehr Bereichen ihre Finger im Spiel – auch im Auto. Android Auto und Apples CarPlay sind längst zu Verkaufsargumenten geworden und werden daher von sehr vielen Fahrzeugherstellern ab Werk angeboten. Bei Volkswagen soll sich das in Zukunft ändern, denn man möchte nun den Großteil der Software selbst entwickeln.
Google hat sich mit Android Auto recht stark im Alltag der Autofahrer platziert, aber das ist längst nicht der einzige Anlauf, den die Alphabet-Holding im petto hat. Mit Android Automotive ist man in Zusammenarbeit mit Volvo schon eine Stufe weiter und dann gibt es natürlich auch noch Waymo. Das ehemalige Google-Projekt spielt bei den autonomen Fahrzeugen ganz vorne mit und es ist nicht ausgeschlossen, dass beide eines Tages wieder sehr eng zusammenarbeiten.
Viele Fahrzeughersteller installieren heute Software von Apple oder Google in ihren Modellen oder schaffen entsprechende Schnittstellen, damit sowohl Fahrer als auch Beifahrer grundlegende Funktionen des Smartphones nutzen können. Das gilt auch für VW. Was mit den Navigationssystemen begonnen hat, geht längst weiter in Richtung Musik, Kommunikation und wird schon bald auch die Fahrzeugsteuerung streifen und sich verstärkt in diesen Bereich entwickeln.
Volkswagen sieht darin wohl eine große Gefahr oder hat Kenntnis von Neuerungen erhalten, die Apple und Google noch mehr Macht im Fahrzeug geben würden und will sich nun dagegen stemmen. Künftig möchte man vor allem auf eigene Software setzen und bis zu 60 Prozent im eigenen Hase entwickeln – wobei nicht konkret darauf eingegangen wird, welche Bereiche davon überhaupt berührt werden. Das Ziel soll es aber sein, eine Abhängigkeit von Google und Apple zu verhindern.
Da es in der Autobranche vergleichsweise sehr lange Entwicklungszyklen gibt und die beiden Hersteller – und auch andere Unternehmen – seit Jahren in diesen Bereichen aktiv sind, dürfte das aber ein sehr schweres Unterfangen werden. Eine eigene Alternative ist zu begrüßen, aber Apple und Google eines Tages aus dem Fahrzeug werfen zu wollen, dürfte extrem riskant sein.
Die beiden Unternehmen profitieren natürlich sehr stark davon, dass der Nutzer die Produkte und Oberflächen vom Smartphone kennt und dort auch seine Daten gespeichert hat. Weil das Smartphone im Mittelpunkt des Alltags steht, könnte auch die beste VW-Software nur schlecht mit diesen Ökosystemen konkurrieren. Aber das dürfte man wohl auch in Wolfsburg wissen und hoffentlich entsprechende Pläne haben, die eigene Plattform trotz drohender Abhängigkeit soweit wie möglich für die anderen beiden Ökosysteme zu öffnen.
Zwischen den Infotainment-Systemen und der Fahrzeugsteuerung liegen natürlich Welten und beide Systeme sind (soweit mir bekannt ist) vollständig voneinander abgeschirmt, aber eines Tages entwickelt sich das natürlich auch in die Richtung autonomes Fahren. Und wenn es nur darum geht, dem Fahrzeug über das Navi das Ziel mitzuteilen, könnten Apple und Google Steine in den Weg legen, mit denen die jeweiligen eigenen Technologien zur autonomen Steuerung promotet werden.
Das wird noch ein spannendes Feld, aber ob VW softwaretechnisch eines Tages vorne mitspielt, bleibt abzuwarten. Vielleicht liegt der Blick auch gar nicht so sehr auf Apple und Google, sondern möglicherweise auch auf Tesla. Aber das ist schon wieder das nächste Kapitel.
[Golem]