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YouTube in großen Nöten: Ist die Abspaltung von Kids, Music, Gaming und YouTuber die einzige Lösung?

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YouTube ist die größte und mit Abstand am meisten mit Inhalten gefüllte Videoplattform im Web und versucht sich seit weit über 10 Jahren daran, es allen Nutzern recht zu machen. Dabei stößt man aber immer häufiger auf Probleme, die sich vor allem durch den Gemischtwarenladen ergeben. Das könnte schon bald dazu führen, dass die Plattform aufgespalten und in mehrere kleine Teilbereiche zerlegt wird. Ob das der richtige Weg ist?


Es ist niemals leicht, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn man praktisch die gesamte Welt als Zielgruppe hat und von 0 bis 100 Jahren, jedes Hobby und jede Region bedienen möchte. Genau das versucht YouTube nun aber schon seit vielen Jahren und schlingert dabei in jüngster Vergangenheit immer häufiger zwischen Ärger, zu lockeren oder harten Regeln und der Zensur. Das wird in Zukunft nicht unbedingt besser.

Schon vor einigen Jahren hatte YouTube damit begonnen, die populärsten Inhalte weiter zu fördern und jeweils eine eigene Plattform zu stellen – dadurch entstanden YouTube Kids, YouTube Gaming und auch YouTube Music sowie das eng verbundene YouTube Premium. Bisher sind das aber ganz grob gesagt nur Suchfilter für bestimmte Inhalte, denn praktisch alle Videos stehen und standen auch weiterhin im großen YouTube-Portal zur Verfügung. Und so ist es kaum verwunderlich, dass die einzelnen Plattformen nicht ganz so populär sind.

YouTube Gaming wurde kürzlich eingestellt und die gesamten Gamer-Hoffnungen von YouTube ruhen nun auf Stadia mit der starken Anbindung der Videoplattform. Sollte das nicht funktionieren, müsste man sich Twitch und anderen Plattformen wohl vorerst geschlagen geben.

YouTube Music ist eine weitere Plattform, die völlig am Bedarf der Nutzer vorbeischießt und dadurch auch kaum Erfolge feiern kann. Insbesondere, dass die Musikvideos die einfache Musik von Play Music ersetzen soll, ist kaum verständlich. Da alle Musikvideos auch weiterhin kostenlos auf YouTube zur Verfügung stehen, wird das Konzept auch zukünftig mit Problemen zu kämpfen haben. Der gerade erst gefeierte erste Geburtstag könnte schnell zum letzten werden.



YouTube Kids vollständig auslagern? Keine gute Idee
Bleibt YouTube Kids, das eigentlich nur ein Alibi-Dienst ist, um Kinder an die Videoplattform zu binden. YouTube Kids kostet Google viel Geld, bringt aber keinen Umsatz ein, denn die Videos werden mittlerweile auch redaktionell ausgewählt, aber es gibt weder ein Tracking noch Werbespots. YouTube Kids ist ein tolles Angebot, nicht falsch verstehen, aber für YouTube selbst ist es höchstens als Marketingposten anzusehen.

Doch nun wurde in dieser Woche bekannt, dass die US-Handelsaufsicht gegen YouTube ermittelt, weil das Unternehmen nicht genügend Schritte zum Schutz der Kinder unternommen hat. Ergänzend wurde zur gleichen Zeit bekannt, dass es intern Überlegungen gibt, alle Inhalte von und für Kinder zu YouTube Kids auszulagern und somit die Kinder (unter 13-jährige) von der Videoplattform zu verjagen. Klingt erstmal nach einem Plan, allerdings nicht nach einem Guten.

Inhalte für Kinder sind ein sehr wichtiger Bereich und einige Kanäle gehören zu den weltweit größten Kanälen überhaupt – dahinter steht längst eine ganze Industrie. Verschiebt man diese nun zu YouTube Kids, finden sie sich auf einer Videoplattform wieder, auf der es keine Werbeanzeigen gibt und aus gesetzlichen Gründen niemals geben wird. Damit ist die gesamte Monetarisierung hinfällig und es wird keine neuen Inhalte mehr geben. Dass die Lösung eines Bezahlmodells auf YouTube nicht funktioniert, hat sich bereits gezeigt und würde als Alternative nur kleine Teile des Verlusts auffangen können.

Das kann also nicht funktionieren und hätte wohl auch einen riesigen Einfluss auf die Nutzerbasis. Die Gamer sind nicht mit YouTube Gaming mitgegangen, warum sollten es die Kinder bzw. Eltern mit YouTube Kids tun? Dazu kommt, dass Kinder nicht nur ihre Kindervideos schauen, sondern auch sehr viele YouTuber eine junge Zielgruppe bedienen, die durch eine eventuelle Sperre wohl wegfallen könnte. Auch wenn es rechtlich nicht astrein ist, dürften Kinder für einen nicht unerheblichen Anteil der Klicks und des Werbeumsatzes sorgen.



Ein weiteres großes Problem sind aber auch die YouTuber, wie ich bereits in diesem Artikel ausführlich beschrieben habe, denn auch sie sind nicht kontrollierbar (im Sinne von Einhalten der Richtlinien) und sorgen regelmäßig für Ärger unter den YouTube-Werbepartnern. Lagern wir sie also gleich auch noch aus und haben so schon vier spezialisierte Plattformen, denen jeweils ihre ganz eigenen Regeln übergestülpt werden können.

Fraglich ist dann, was am Ende noch von der Videoplattform übrig bleibt und ob es auch weiterhin ein attraktives Umfeld für Werbepartner bleibt. Vermutlich nicht, denn zwischen all den Home-Videos oder den unglaublich viele Videos, die niemand sehen möchte, will auch kein Werbepartner seine Spots sehen. Ohne Musikvideos, YouTuber, Gamer und Kinder – die zu den wichtigsten Kategorien auf der Plattform gehören – ist die Videoplattform nicht denkbar.

Wie YouTube dieses Problem lösen wird, wird die Zukunft zeigen. Selbst Google-CEO Sundar Pichai hat jüngst davon gesprochen, dass YouTube nicht vollständig kontrollierbar ist und auch niemals sein wird. Rein statistisch rettet man sich in die Flut der Videos, aber das wird den Partnern und Behörden in vielen Fällen nicht ausreichen.

Es bleibt spannend bei YouTube.

Siehe auch
» Remastered: Google und Universal restaurieren 1.000 Musikvideos in HD – die ersten sind bereits verfügbar

» Kontrolle verloren: Laut Google-CEO Sundar Pichai wird ‚YouTube niemals vollständig kontrollierbar sein‘


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