Google hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten Hunderte von Produkten gestartet, aber auch unzählige davon wieder eingestellt. Um einige trauern viele Nutzer heute noch, an andere kann sich vermutlich kaum noch jemand erinnern. Heute wollen wir in der losen Serie vergessene Google-Produkte eine weitere Web-Anwendung vorstellen, die nur ein sehr kurzes Gastspiel beim Unternehmen hatte: Der Google Body Browser. Tatsächlich ist die App heute noch unter anderem Namen verfügbar.
Langjährige Google-Nutzer haben viele Produkte kommen und gehen gesehen und müssen sich, leider auch heute noch, immer wieder damit abfinden, dass Angebote eingestellt werden, die man vielleicht tief in den eigenen Alltag integriert hatte. Das ist natürlich nicht bei allen Produkten und Plattformen der Fall, denn vieles war auch einfach nur Nice-to-Have. Das heutige Beispiel zählt definitiv in die zweite Gruppe, dennoch ist der Verlust nicht weniger schade.
Der Google Body Browser wurde im Dezember 2010 gestartet und fiel somit in eine Zeit, in der Google gefühlt täglich neue Produkte auf den Markt gebracht und in viele Bereiche eingestiegen ist. Der Body Browser bestand grundlegend aus zwei 3D-Modellen von Menschen (Mann und Frau), die aus sehr vielen Details und Layern aufgebaut waren. Jeder einzelne Layer ließ sich einblenden oder ausblenden, sodass Knochen, Muskeln, Nerven, Organe oder auch die Haut ausgeblendet oder separat betrachtet werden konnten.
Die Modelle ließen sich, so wie man es von 3D-Darstellungen kennt und gewohnt ist, frei bewegen, zoomen und drehen, sodass man einen sehr genauen Blick auf die Anatomie des menschlichen Körpers erhalten konnte. Was in vielen Schulen bis heute mit uralten Plastikpuppen gelehrt wird, hatte Google schon vor neun Jahren in den Browser gebracht. Bei der reinen Betrachtung blieb es aber nicht, denn zu sehr vielen Körperteilen – bis hin zu einzelnen Nervenbahnen – gab es detaillierte Beschreibungen in dem Modell. Vor allem das Hervorheben von Organen oder Körperteilen konnte sehr lehrreich sein.
Besser als auf diese Art kann man den menschlichen Körper kaum kennenlernen, denn der Google Body Browser kann durchaus als das „Google Earth der Anatomie“ beschrieben werden. Das volle Potenzial zeigte die Plattform allerdings nur ein einziges Mal, ausgerechnet am 1. April 2011 – als statt einem Menschen eine Kuh mit voller Anatomie gezeigt wurde.
Leider wurde der Google Body Browser schon im Oktober 2011 – also nach nicht einmal einem Jahr – wieder eingestellt. Glücklicherweise hat Google das Projekt vollständig an den Partner Zygote übergeben, der die Plattform bis heute fortführt und bis auf ein zusätzliches Bezahlmodell kaum etwas verändert hat. Die Plattform ist also weiterhin als Zygote Body online, wird aber meines Wissens nach völlig zu Unrecht kaum beachtet.
Warum sich Google so früh aus dem Projekt zurückgezogen hat, lässt sich kaum beantworten. Im Gegensatz zur Erde oder dem Web, wo die Daten ständig aktualisiert werden müssen, ändert sich der menschliche Körper nicht. Die einmal aufgebaute Datenbank muss also so gut wie nie aktualisiert, sondern höchstens ergänzt werden. Da Google Maps auch fremde Planeten zeigt, auf die kein heute lebender Mensch jemals einen Fuß setzen wird, stellt sich eigentlich auch die Sinnfrage hinter Google Body nicht wirklich. Das Tool lag und würde auch heute noch voll in Googles Mission liegen.
Vielleicht kommt das Angebot aber irgendwann wieder zurück, denn gerade durch die Augmented Reality haben 3D-Objekte wieder an Relevanz gewonnen und Google arbeitet nun mit Hochdruck daran, 3D-Objekte in die Websuche zu bringen. Wäre es nicht toll, wenn zu menschlichen Körperteilen gleich das gesamte 3D-Modell mitgeliefert wird? Vielleicht entdeckt Google das Tool ja irgendwann wieder 🙂
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