Google wird immer wieder vorgeworfen, mit fremden Inhalten Geld zu verdienen und die Urheber nicht genügend oder gar nicht zu entlohnen – auf Grundlage dessen ist unter anderem das Leistungsschutzrecht entstanden, das nun auch in den USA diskutiert wird. Eine jetzt publik gewordene öffentliche Beschwerde gegen Google kommt da zu einer Unzeit, auch wenn es vermutlich keinen Zusammenhang gibt: Google wird vorgeworfen, Songtexte ohne Einwilligung zu übernehmen.
Wer in der US-Version der Google Websuche nach Songtexten sucht, bekommt diese in den allermeisten Fällen direkt als Onebox über den Suchergebnissen angezeigt. Das ist enorm praktisch für den Nutzer, bedeutet aber natürlich auch Traffic-Verluste für entsprechende Portale – dazu gehört auch Genius.com. Die Webseite wirft Google aber nicht diesen seit Jahren bestehenden Umstand vor, sondern beschwert sich darüber, dass Google die Songtexte von Genius einfach übernimmt, keine Quelle angibt und somit als eigenen „geklauten“ Inhalt angibt.
Tatsächlich hat Genius auch in mehr als 100 Fällen Beweise dafür, dass die Songtexte aus der eigenen Datenbank stammen: Das Portal hat in vielen Songtexten einfach mehrere Apostrophen (‚) eingesetzt, die dort nicht hingehören und in Form eines Morsecodes stets die Botschaft „Red Handed.“ enthalten. In anderen Fällen hat man einen gerade gegen einen schrägen Apostroph – und umgekehrt – getauscht (siehe Screenshot unten). Und tatsächlich sollen in allen Fällen nach einiger Zeit bei Google die gleichen Songtexte mit den gleichen Apostrophen aufgetaucht sein. Eine eindeutige Situation?
Genius versucht in dieser Sache laut eigenen Angaben seit Jahren Kontakt mit Google aufzunehmen und die Situation zu bereinigen, stößt dabei aber auf taube Ohren – das kennt man leider. Deswegen sah man sich nun gezwungen, an die Öffentlichkeit zu gehen.
Nun hat Google tatsächlich auch offiziell reagiert und die Anschuldigung zurückgewiesen. Nach eigenen Angaben werden die Songtexte von mehreren Partnern lizenziert und entsprechend bezahlt (einer der wenigen Fälle, in denen das Unternehmen tatsächlich für Daten bezahlt). Man wird nun aber alle Zulieferer für Songtexte überprüfen und die Verträge kündigen, wenn sich herausstellen sollte, dass diese ihre Daten von anderen Portalen übernehmen. Genau das dürfte wohl auch bei mindestens einem der Fall sein.
Google kann an der Situation wohl kein Vorwurf gemacht werden, denn wer Daten von externen Lieferanten einkauft und zuverlässige Songtexte erhält (was ja seit vielen Jahren der Fall ist), verlässt sich wohl einfach darauf, dass diese auch aus offiziellen Quellen stammen. Allerdings ist es dem Unternehmen vorzuwerfen, dass in solchen Fällen immer erst dann reagiert wird, wenn öffentlicher Druck aufgebaut wird. Die seit Jahren immer wieder gestellten Anfragen von Genius hätte man wohl doch nicht so einfach in die Ablage P packen, sondern ernst nehmen sollen.
UPDATE
» Google wehrt sich gegen Datenklau-Vorwurf: So kommen Songtexte in die Google Websuche
Siehe auch
» YouTube-Videos in der Google Websuche: Direkte Verlinkung von Kapiteln wird getestet (Screenshots)
» Vergessene Google-Produkte: Knol – Googles großer Wikipedia-Konkurrent mit vielen neuen Ansätzen