Das Smart Home ist eigentlich eine feine Sache: Immer mehr Geräte werden plötzlich „intelligent“ und können per Sprache oder zuvor festgelegten Abläufen gesteuert werden. Allerdings geht diese Bequemlichkeit auch auf Kosten der Privatsphäre, wie sich in den letzten Monaten immer wieder gezeigt hat. Gerade große Hersteller wie Google oder Amazon werben um das Vertrauen der Nutzer, das immer wieder durch neue Tiefschläge auf eine harte Probe gestellt wird.
Google ist zu einer festen Größe im Smart Home geworden und stellt viele wichtige Komponenten: Der Google Assistant ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Plattform zur Steuerung des gesamten Smart Homes (und noch viel mehr), die Google Home Smart Speaker haben Amazon und die anderen Hersteller überflügelt und in jüngster Zeit kamen immer neue Gerätekategorien dazu, die vom Assistenten gesteuert werden können.
Fremde Überwachungskameras
Vor wenigen Tagen war ein Bericht Mal wieder Wasser auf den Mühlen der Smart Home-Gegner: Einem Nutzer war es möglich, auf eine fremde Nest-Überwachungskamera zuzugreifen und so in ein fremdes Wohnzimmer zu blicken. Die Umstände erklären zwar, wie es dazu kommen konnte, sind aber natürlich keine Rechtfertigung und die Situation war/ist unhaltbar. Google hat schnell reagiert, aber es ist nicht ganz klar, ob das Unternehmen überhaupt eine Schuld trifft oder ob man hier die Fehler anderer ausmerzt.
Versteckte Mikrofone
Anfang des Jahres machte der Fall die Runde, dass sich im Nest Smart Home Hub ein verstecktes Mikrofon befindet, das plötzlich zur Steuerung des Google Assistant genutzt werden konnte. Das ist natürlich praktisch, aber zuvor war keinem Nutzer bewusst, dass es überhaupt ein Mikrofon gibt, es konnte nicht verwendet werden und selbst in der technischen Beschreibung war niemals die Rede davon, dass eines verbaut ist.
Das hat Google bzw. Nest viel Ärger gebracht und sogar dazu geführt, dass CEO Sundar Pichai vor dem US-Kongress aussagen musste. Der Fehler war nicht, dass das Mikrofon verbaut wurde, sondern dass es es nicht mehr in die technische Dokumentation geschafft hat. Wohl aus Zeitgründen.
Amazon und Google hören mit
Vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass die eigentlich nur von Alexa und dem Google Assistant ausgewerteten Sprachbefehle durchaus auch von Menschen angehört werden können. Sowohl Amazon als auch Google beschäftigen viele Mitarbeiter damit, Sprachbefehle und dessen Reaktionen der Geräte abzuhören und entsprechende Bewertungen abzugeben. Dadurch sollen die Systeme besser werden und Fehler ausgemerzt werden, dass dabei aber auch viele private Gespräche die Vier Wände des Smart Home-Nutzers verlassen, wird einfach ignoriert.
Kurz darauf kam noch heraus, dass die Mitarbeiter auch Informationen zum Standort der Nutzer haben, wodurch sie sehr wohl auch identifiziert werden könnten. Erschreckend ist das vor allem deswegen, weil jede dritte Erkennung ein False Positive ist. Das bedeutet, dass Gespräche aufgezeichnet werden, die gar nicht für den Assistenten gedacht wären. Das hat wohl jeder Nutzer schon häufig erlebt, es aber vermutlich einfach ignoriert.
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Das sind nur drei Fälle von vielen Beispielen, die die Gruppe von Smart Home-Skeptikern weiter anwachsen lassen wird. Gerade Google und Amazon sollten sich nicht nur auf die Verbreitung ihrer Systeme konzentrieren, sondern auch durch Maßnahmen jeglicher Art Vertrauen gewinnen. Auf lange Sicht kommt vermutlich sowieso niemand um das Smart Home herum, da es zu stark in den Alltag integriert wird, vielleicht eines Tages zur Grundausstattung in Wohnungen und Häusern gehört. Bis dahin wird es noch dauern, aber ewig kann man sich dem wohl nicht verschließen.
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