Nicht nur Chrome: Googles indirekter Einfluss auf den Browsermarkt hat riesige Ausmaße erreicht
Google ist bereits seit einigen Jahren Marktführer im Browsergeschäft und erreicht mit Chrome global einen Anteil von etwa 70 Prozent. Das ist ein deutlicher Abstand zur Konkurrenz, aber noch keine marktbeherrschende Stellung, so wie sie in einigen anderen Bereichen herrscht. Blickt man etwas hinter die Zahlen, ist Googles Einfluss aber tatsächlich deutlich größer als es die Statistiken zeigen. Das zeigt sich an jüngsten Entwicklungen wieder sehr deutlich.
Der Chrome-Browser hat sich aus verschiedenen Gründen sehr schnell verbreitet und die Marktführerschaft übernommen. Der eine ist das gewaltige Marketing für den Browser, der andere das plattformübergreifende Produkt mit der nicht zu unterschätzenden Vorinstallation auf vielen Android-Smartphones. Zwar sind noch keine Android-Verhältnisse eingetreten, aber die Verbreitung des Browsers nimmt immer weiter zu.
Mit der eigenen Marke Chrome kommt Google auf dem Desktop auf einen Marktanteil von gut 70 Prozent. Darunter liegt bekanntlich die freie Chromium-Engine, die frei verwendet werden kann und auf der viele weitere Browser aufbauen. Da Google die treibende Kraft hinter Chromium ist, herrscht also auch an dieser Stelle ein gewisser Einfluss – auch wenn keine Google-Produkte zum Einsatz kommen. Als bekannteste Lösung wird schon sehr bald Microsoft auf Chromium setzen und die immerhin 4 Prozent Marktanteil in den Topf werfen.
Der Opera-Browser setzt bereits seit einigen Jahren auf die von WebKit abgespaltene Engine Blink, die von Google entwickelt wird und ebenfalls frei zur Verfügung steht. Damit kommen weitere 2,5 Prozent Marktanteil dazu, auf die Google immerhin einen kleinen Einfluss hat. Der größte Konkurrent ist nach wie vor Firefox mit einem schwankenden Anteil von 9 bis 10 Prozent am Browsermarkt. Mozilla verwendet zwar weder Chromium noch Blink, wird aber überwiegend von Google finanziert. Erst jüngst hieß es, dass 90 Prozent der Mozilla-Umsätze von Suchmaschinen stammen und der größte Teil davon kommt ohne Frage aus Mountain View.
Google hat keine direkte Kontrolle über Firefox, hat aber ein Druckmittel in der Hand, um die eine oder andere Entwicklung vielleicht in andere Bahnen zu lenken. Für den Einflusskreis kommen damit also weitere 10 Prozent dazu. Rechnen wir das nun zusammen, hat Google einen Dunstkreis von 86,5 Prozent im Browsermarkt – und da sind wir dann schon bei Android-Verhältnissen. Die vielen anderen Chromium-Ableger sind da noch gar nicht dabei.
Zuviel Macht wird zum Problem
Durch diesen Einfluss ist es möglich, dass Google nahezu im Alleingang neue Browser-Elemente einführen kann, die ohnehin von allen anderen übernommen werden müssen. Auch neue Web-Technologien werden häufig von den Ingenieuren aus Mountain View angestoßen, die dann weit vor ihrer Standardisierung den Weg in andere Browser finden. Das erinnert etwas an die dunklen Microsoft Internet Explorer-Zeiten und wird somit auch immer wieder hinterfragt und kritisiert.
Es ist also kein Wunder, dass Mozilla den Chromium Edge kritisiert hat und um die Vielfalt im Browser-Markt fürchtet. Ohnehin scheint Mozilla immer weiter mit Google auf Kriegsfuß zu stehen, denn erst jüngst wurden die ersten Premium-Funktionen angekündigt, mit denen die Abhängigkeit von den Google-Geldern zurückgefahren werden soll. Sollte Google vorher schon den Stecker ziehen, hätte Mozilla wohl ein Problem.
Ein weiteres Indiz auf die in Richtung Marktbeherrschung driftende Situation wurde erst vor wenigen Tagen eingeführt und dürfte vielen EU-Nutzern bereits begegnet sein: Die Browserweiche wurde scharf geschaltet und jeder Besucher des Play Stores wird nun darauf hingewiesen, dass es auch noch andere Browser gibt. Ob es etwas an der Situation ändern wird, bleibt abzuwarten. Allerdings bezieht sich das nur auf Android und nicht auf den Desktop, wo eine solche Darstellung wohl eher vom Betriebssystem als vom Browser umgesetzt werden müsste.
Kaum auszudenken wie das aussehen würde, wenn es Produkte wie Google Desktop auch heute noch gäbe.
Siehe auch
» Google Chrome: Entwickler bestärken die Änderungen für Adblocker & feiern stark erhöhte Sicherheit
» Schwere Vorwürfe: Google soll den Chrome-Browser durch Firefox-Sabotage in den Markt gedrückt haben
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