Der Google Maps-Standortverlauf ist eine ebenso praktische wie umstrittene Funktion, der die meisten Nutzer dennoch bei der Einrichtung eines neuen Smartphones zustimmen und somit dauerhaft aktiviert haben. In den vergangenen Wochen haben wir uns bereits mit dem Finden und Deaktivieren dieser Daten beschäftigt, doch der wichtigste Punkt fehlt noch: Wozu werden diese Daten überhaupt benötigt und wer profitiert am Ende von dieser riesigen Sammlung?
Smartphones können durch verschiedene Technologien ihren Standort sehr genau feststellen und diesen den Apps auf Nachfrage zur Verfügung stellen, um relevantere Suchergebnisse, Angebote und andere Dinge auszuliefern. Auch Google Maps bzw. die im Hintergrund arbeitenden Play Services rufen den Standort des Nutzers immer wieder ab und senden diesen – wenn der Nutzer dem zugestimmt hat – mehrere Hundert Mal pro Tag an die Google-Server. Dort werden sie dauerhaft gespeichert und für ganz verschiedene Dinge verwendet.
Google verfügt über eine riesige Datenbank an Positions- und Bewegungsdaten von Hunderten Millionen Menschen, die ständig mit neuen Einträgen gefüllt wird. Die Daten werden zwar nur aus einer Quelle erfasst, aber auf zwei ganz verschiedene Arten verwendet: Einmal stehen die Daten dem Nutzer selbst vollständig zur Verfügung, der sie in der Google Maps Zeitachse einfach beliebig abrufen, aber auch ändern kann.
Die zweite Form der Verwendung findet in anonymisierter Form statt, denn die rohen Daten werden auch in einen großen Pool geworfen und in der Masse ausgewertet. Diese Auswertung findet sowohl langfristig als auch sehr kurzfristig bzw. Live statt und wird allen Nutzern über viele praktische Funktionen wieder zur Verfügung gestellt. Schlussendlich handelt es sich dabei um ein Crowdsourcing, bei dem zwar alle profitieren, aber niemand etwas tun muss.
Eine offizielle Auflistung aller Dienste und Funktionen, die mit diesen Daten gefüttert werden, gibt es nicht. Deswegen erhebt der Artikel natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber die grundlegende Idee bzw. die Vorteile dürften damit gut erklärt sein.
Standortverlauf & Google Maps-Informationen
Die offensichtlichste Nutzung der Daten erfolgt an der Stelle, wo der Nutzer sie selbst ansehen kann. In der Google Maps Zeitachse kann jeder Nutzer einen beliebigen Zeitpunkt auswählen und sehr schnell erfahren, wo er sich an diesem Tag aufgehalten hat, welche Orte besucht wurden und wie der Weg dahin ausgesehen hat. Aber das ist längst nicht die einzige Stelle in der App, an der diese Daten offensichtlich für den Nutzer dargestellt werden.
Ruft ihre eine Detailinformation zu einem bereits besuchten Ort auf, gibt es dort die Information, wann ihr zuletzt dort gewesen seid sowie einen Link zu einer Übersicht aller vergangenen Besuche. Das kann manchmal ganz praktisch sein, wenn man beispielsweise selbst nicht mehr weiß, wann man zuletzt beim Zahnarzt war, mit dem Auto in der Werkstatt oder andere Dinge.
Popular Times & Wait Times
Sowohl Google Maps als auch die Webuche zeigen als eine der ersten Detailinformationen mittlerweile ein Diagramm zur Auslastung an – Popular Times. Wer also wissen möchte, wann man in den Supermarkt einkaufen gehen sollte, um nicht den halben Tag bei der Kasse zu verbringen, kann das dort häufig in Erfahrung bringen. Diese Daten stehen aber nicht nur statistisch zur Verfügung, sondern werden bei einer entsprechenden zur Verfügung stehenden Datenmenge auch Live angezeigt. Zwar erfährt man keine absoluten Zahlen, hat aber gute Einblicke zum Vergleich der normalen Werte.
Die zweite Anzeige ist Wait Times, die den Nutzer darüber informiert, wie lange er an diesem Ort mit Warten verbringen wird. Das ist vor allem für Restaurants interessant, genauso wie die reine Aufenthaltszeit. Wie die Algorithmen zwischen dem reinen Aufenthalt und der Wartezeit unterscheiden, ist leider nicht bekannt. Alle diese und ähnliche Funktionen basieren auf der Masse an anonymisierten Standortdaten der Nutzer.
Stauprognosen
Jeder Autofahrer dürfte es schätzen, wenn er vor einem Stau gewarnt wird, sei es durch das Radio, Erfahrungswerte oder eben durch das Navigationsgerät. Auch Google Maps bietet seit vielen Jahren eine in den meisten Fällen sehr verlässliche Stauprognose an. Diese Daten basieren ebenfalls auf einer Auswertung der Bewegungsdaten aller Smartphones der Menschen, die gerade in einem Fahrzeug unterwegs sind. Das Auflösen eines Staus ist dadurch ebenso schnell erkennbar wie die ungefähre verlorene Zeit.
Mittlerweile können viele Nutzer Staus auch manuell melden, aber grundsätzlich ist das durch die Bewegungsdaten gar nicht notwendig.
Auslastung von öffentlichen Verkehrsmitteln
Wer täglich mit Öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, der weiß meistens sehr genau, welche Strecke zu welcher Zeit ausgelastet ist bzw. wann und wo die Chance auf einen Sitzplatz besteht. Google Maps zapft auch diese Informationen in den ersten Städten an, ist dafür aktuell aber noch auf die Daten der Verkehrsbetriebe angewiesen – die diese aber nur in den seltensten Fällen Live sammeln und zur Verfügung stellen können. Durch die vielen ÖPNV-Funktionen sammelt aber auch Google Maps viele weitere Daten.
Schon jetzt wird die Auslastung versuchsweise immer wieder mal einigen Nutzern angezeigt, ist aber noch längst kein Standard. Das kann sich aber sehr schnell ändern, denn auch diese Daten stehen in Rohform zur Verfügung und warten nur darauf, ebenfalls ausgewertet zu werden. Gerade erst wurde der ÖPNV stärker mit Google Assistant und Pay verbunden, sodass immer mehr Daten über die geplante Fahrt des Nutzers zur Verfügung stehen.
Parkplatz-Prognosen
Google Maps kann den Nutzer nicht nur per Navigation zum Ziel leiten, sondern immer öfter auch über die Parkplatz-Situation am Zielort informieren. Das ist nur dadurch möglich, dass die Plattform sehr genau weiß, wann der Nutzer am Ziel ist und das Auto verlassen hat – was sich durch das Bewegungsprofil erfassen lässt. Auf Grundlage dieser Daten wird durch sehr komplizierte Berechnungen die Parkplatz-Situation am Zielort angezeigt. Das steht längst nicht überall zur Verfügung, ist aber immer häufiger auch in Deutschland nutzbar.
Intelligente Navigation
Die intelligente Navigation ist ein Feature, an dem sowohl Google als auch Apple arbeiten und das in Zukunft noch eine größere Rolle spielen könnte. Die Routenplanung bzw. Navigation führt den Nutzer dabei nicht mehr nur stur von A nach B, sondern berücksichtigt auf Grundlage der vielen Daten auch weitere Werte. Auf Basis vieler Bewegungsdaten sowie den eingestellten Zielen der Routenplanung ist es möglich, Staus oder volle Straßen bereits zu prognostizieren, bevor es überhaupt dazu kommt.
Diese Navigation wird gerade mit Weitblick auf die autonomen Fahrzeuge eine große Rolle spielen, die sich so gegenseitig „absprechen“ können, welche Route befahren werden soll, um alle Straßen möglichst gleichmäßig auszunutzen.
Das sind schon eine ganze Reihe an nützlichen Informationen, die ein Großteil der Nutzer sicher schon einmal verwendet hat und vielleicht auch gar nicht mehr darauf verzichten möchte. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn die Masse ihre Daten freigibt. Wenn der eine oder andere dem widerspricht, ist das kein großes Problem, wenn es aber aus Gründen negativer Berichterstattung irgendwann eine Welle gibt, wird die Qualität der Daten leiden und wir kommen wieder in die deutsche Streetview-Situation.
Gespeicherte Daten sorgen natürlich immer wieder für Begehrlichkeiten – auch von Behörden. Erst vor wenigen Wochen gab es einen sehr interessanten Einblick, wie Google den Standort an die Polizei weiterleitet. Tatsächlich ist das ein mehrstufiger Prozess, in dem Google sicherstellt, dass so wenige Daten wie möglich von Unbeteiligten weitergegeben werden. Ob das weltweit gilt, ist allerdings nicht bekannt.
Wer dennoch auf all das verzichten bzw. sich nicht an den anonymen Daten beteiligen möchte, der erfährt in den folgenden verlinkten Artikeln, wie die Daten angesehen, bearbeitet oder auch gelöscht und die Aufzeichnung gestoppt werden kann.
Mehr zum Google Maps Standortverlauf
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