Google erfasst über den Standortverlauf ständig die Position von Hunderten Millionen Android-Nutzern bzw. deren Smartphones und verwendet diese Daten für ganz unterschiedliche Zwecke. Ein Zweck, über den das Unternehmen sicherlich nicht gerne redet, ist auch die Auskunft an Behörden, Justiz und die Polizei. Die New York Times hat nun einen sehr interessanten Einblick darin gegeben, wie diese Auskunft genau funktioniert. Zu beachten ist, dass es sich dabei um die Verhältnisse in den USA handelt und es hierzulande anders sein kann.
Im vergangenen Jahr wurde heftig über den Standortverlauf diskutiert und nach einer längere Phase hatte sich auch die deutsche Justiz eingeschaltet. Dabei ging es aber weniger um die Datensammlung an sich, sondern viel mehr um einfache Formulierungen und Schalter, die der Nutzer lesen und verstehen muss. Tatsächlich sind einige Organisationen sehr dankbar dafür, dass ein Unternehmen so gut über das Bewegunsprofil vieler Menschen Auskunft geben kann.
Google Maps: Fahrgäste werden zur Auslastung von Öffentlichen Verkehrsmitteln befragt
Google nutzt den Standortverlauf unter Android für viele praktische Einsatzgebiete: Unter anderem kann man jedem Nutzer im Google Maps-Standortverlauf recht genau anzeigen, wo er sich wann aufgehalten hat und welche Orte besucht wurden. Gleichzeitig kann der Nutzer dadurch nach Bewertungen oder Fotos gefragt oder um die Beantwortung von Fragen gebeten werden. Diese Daten stehen in dieser Form aber natürlich nur dem Nutzer selbst zur Verfügung.
In anonymisierter Form werden die Daten unter anderem dafür verwendet, Funktionen wie Popular Times oder Wait Times in Google Maps oder der Websuche zu speisen und wichtige Informationen über den Andrang und die Wartezeiten zu liefern. Aber auch für Verkehrsinformationen und die automatisierte Erkennung von Staus auf den Straßen oder sogar verfügbare Parkplätze werden die Daten in der kombinierten Masse verwendet. Natürlich kann das jeder Nutzer den hohen Detailgrad deaktivieren, aber in der Masse profitieren jeder davon.
Eine solch große Datenbank an Bewegungsdaten ist aber auch für externe Stellen interessant, die in den letzten Jahren immer häufiger Daten von Google anfordern. Die New York Times hat nun in einem sehr interessanten Artikel einmal gezeigt, wie das genau funktioniert.
1. Polizei fordert Informationen zu einer Region an
Die Polizei sendet Google Eck-Koordinaten der Tatort-Region. Diese deckt den gesamten Bereich ab, in dem die Polizei alle zum exakten Zeitpunkt anwesenden Personen überprüfen möchte.
2. Google sendet anonyme IDs aller Smartphones
Google sendet eine anonyme Liste, „SensorVault“, aller Smartphones an die Polizei. Die Daten sind lediglich Positions-Dummys, lassen aber keinen Rückschluss auf einzelne Nutzer zu. Hinweis: Google besitzt keine vollständigen Bewegungsdaten, es können manchmal Stunden zwischen zwei Standortdaten liegen
3. Googles Daten enthalten das Bewegungsprofil aller Smartphones
Diese Daten enthalten auch das Bewegungsprofil, sodass die gesamte Strecke vor und nach dem angeforderten Zeitpunkt abgelesen werden kann. Aber auch diese Daten bestehen nur aus einzelnen Punkten mit ganz unterschiedlicher Qualität. Aus diesen Daten sucht sich die Polizei die interessanten und relevanten Geräte heraus.
4. Zu einzelnen Geräten gibt Google die verfügbaren Daten frei
Anschließend sendet die Polizei die interessanten IDs an Google und erhält im Gegenzug Daten wie den Namen oder die E-Mail-Adresse des Nutzers. Details über den dazwischen liegenden Prüfungsprozess und den exakten Informationsumfang gibt es nicht.
Dieser Ablauf beschreibt die Situation in den USA, allerdings auch erst seit kurzer Zeit, denn Google sah sich durch eine stark steigende Anzahl von Anfragen wohl dazu gezwungen, entsprechende Systeme und Richtlinien zu entwickeln. Ob das auch der Situation in Deutschland oder anderen europäischen Ländern entspricht, lässt sich schwer sagen. Da sowohl die Gesetzeslage als auch der Umgang mit den Behörden und Organisationen weltweit anders geregelt ist, wird es wohl viele verschiedene Abläufe und Regeln geben.
Wir lernen also daraus, dass man bei der Durchführung eines Verbrechens das Smartphone auf den Flugzeugmodus stellen sollte 😉 Diese Erkenntnis dürften die bösen Buben und Mädels aber schon seit Jahren haben. Viel mehr geht es auch darum, Zeugen ausfindig zu machen, die sich entweder nie gemeldet hätten oder sich gar nicht darüber bewusst sind, dass sie wichtige Hinweise liefern könnten. Im Sinne der schnellen Verbrechensaufklärung ist diese riesige Datenbank ein Segen.
Auf der anderen Seite steht die ständige Überwachung, die vielen Menschen mittlerweile zu viel geworden ist. Kann ich persönlich sehr gut nachvollziehen, aber da muss man irgendwann sagen, Willkommen in der modernen Welt. Wer sich ein Smartphone in die Hosentasche steckt, muss leider damit rechnen, ständig und überall überwacht zu werden – auf welche Art auch immer. Und dass selbst vermeintlich private Dinge gar nicht mehr so privat sind, hat sich erst vor wenigen Tagen an den Alexa-Aufzeichnungen gezeigt.
Siehe auch
» Google Maps: Kein Gedränge mehr – Fahrgäste werden zur Auslastung von Öffentlichen Verkehrsmitteln befragt
Google Maps: Kopierte Adressen werden jetzt automatisch zum Aufruf vorgeschlagen