Gelochte & gefaltete Smartphone-Displays: Ständige Neuerungen stellen Entwickler vor Herausforderungen
Die Smartphone-Innovationen haben sich in den letzten Jahren stark in Grenzen gehalten, was sich auch auf die Verkaufszahlen ausgewirkt hat. Das heißt aber nicht, dass es keine großen Veränderungen gegeben hat, sondern nur, dass sie kaum Kaufentscheidend gewesen sind. Dennoch sind es vor allem die Änderungen bei den Displays, die sowohl Google als auch die App-Entwickler immer wieder vor Herausforderungen stellen.
Viele Jahre lang hatten es die Smartphone-Hersteller recht einfach, denn sie mussten einfach nur jedes Jahr die Spezifikationen erhöhen und ein halbes Zoll bei der Displaygröße drauflegen – ganz grob gesagt. Doch die Displays können nicht mehr wachsen und die technische Ausstattung hat längst Sphären erreicht, mit denen der Nutzer viele Jahre lang glücklich ist. Deswegen spielen heute die Kameras sowie die Optik der Geräte eine große Rolle.
Die Displays wachsen mittlerweile nur noch in sehr sehr kleinen Schritten und reichen häufig schon bis zum Rand, sodass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Aber dennoch gab es allein in den letzten 12 Monaten so viele Veränderungen bei den Displays, auf die sowohl Google als auch die App-Entwickler und UI-Designer erst einmal reagieren müssen. Während sie zuvor immer mehr Platz zum Austoben hatten, gibt es nun ganz andere Herausforderungen.
Notch
Im vergangenen Jahr kamen die Notch-Smartphones groß in Mode und nahezu jeder Hersteller hatte plötzlich eine solche Lücke im Display, was dann auch Google dazu veranlasst hat, größere Änderungen an Android vorzunehmen und in der Benachrichtigungsleiste Platz zu schaffen. Im Vollbildmodus müssen aber auch App-Entwickler darauf achten, an dieser Stelle keine Elemente zu platzieren, die dann plötzlich verdeckt und vom Nutzer nicht mehr sichtbar und touchbar sind.
Diese Anpassungen haben teilweise zu kuriosen Fehlern geführt und werden von vielen Nutzern eher als Notlösung statt als optimales Mittel bzw. Verbesserung wahrgenommen. Aber dennoch kam man nicht drumherum, denn die Smartphones schossen wie Pilze aus dem Boden.
Loch im Display
Samsung hat vor wenigen Tagen das Galaxy S10 vorgestellt und macht das Loch im Display damit massentauglich. Das Loch ist eine interessante Variante, die Samsung bereits im letzten Jahr im Rahmen der Vorstellung von neuen Display-Technologien gezeigt hat und mit dem das „Notch-Problem“ auf sehr pragmatische Art und Weise gelöst wird. Man verfrachtet den benötigten Platz einfach in das Display und ist dadurch auch freier beim Display-Design.
Doch dieses „Loch“ stellt App-Entwickler vor große Herausforderungen, denn an dieser Stelle können natürlich keine Inhalte dargestellt werden und der Nutzer kann auch nicht interagieren. Bei Apps mag das Problem durch das im Verhältnis zum Display kleine Loch zu verschmerzen sein, doch gerade bei Spielen sehe ich da schon größere Probleme. Und es wird ja nicht das letzte Smartphone mit Loch bleiben, das bei anderen Geräten an anderer Stelle platziert ist. App-Entwickler müssen also genau wissen, wo sich der Bereich befindet und darauf reagieren. Auch hier wäre wieder Google gefragt, das mit Android entsprechende Informationen bereitstellen müsste, so wie bei der Notch-API.
Faltbare Displays
Samsung hat aber auch noch ein anderes Gerät aus dem Hut gezaubert: Das Galaxy Fold mit Faltdisplay. Das Smartphone verfügt über zwei Displays – ein kleines auf der Außenseite und ein großes, zusammenklappbares, auf der Innenseite. Es ist gewissermaßen also eine Mischung aus Smartphone und Tablet. Da es aber nur ein Gerät ist und der Nutzer dieses jederzeit spontan auf- und zuklappen kann, müssen App-Entwickler sehr kreativ sein und neue Konzepte erarbeiten.
Das große Problem ist es, dass der Nutzer an der gleichen Stelle weitermachen möchte, so wie das in folgender Animation von Google zu sehen ist. Android unterstützt solche Displays bereits, aber ohne die Unterstützung der App-Entwickler kann das nicht funktionieren. Bei einfachen UIs ist die plötzliche Verdopplung der Displaybreite wohl kein großes Problem, doch bei aufwendigeren Oberflächen kann man nicht einfach alles strecken oder stauchen.
Allein schon diese drei Änderungen bei den Displays sind ein Albtraum für jeden UI-Designer, der nicht nur ständig seine Gesamtkonzepte über den Haufen werfen muss, sondern sich auf noch mehr Formfaktoren einstellen muss. Es hat Jahre gedauert, bis Apps einigermaßen plattformübergreifend vom Smartphone über das Tablet bis zum Desktop ähnliche UIs geboten haben – wobei Googles Material Design eine große Rolle gespielt hat.
Wenn nun plötzlich völlig andere Displayformen dazukommen, ist das für diese Gruppe ein ernsthaftes Problem. Und niemand weiß, was in den nächsten Jahren noch so alles kommen wird. Runde oder völlig freiförmige Displays? Kommen 3D-Display wieder zurück? Werden haptische Displays eine Rolle spielen? Auf all das muss wieder reagiert werden und selbst Google wirkt gerade bei den letzten Innovationen eher hektisch statt überlegt: Die Notch-Anpassung ist lieblos, die Foldable-Unterstützung ist wenig durchdacht und für das Loch im Display hat man noch gar keine Lösung.
Natürlich muss Design leben, denn sonst wären die Designer schnell arbeitslos, aber dennoch sind so gravierende Änderungen dann doch eher kritisch zu hinterfragen, da auch die Nutzer sich immer wieder auf andere Oberflächen einstellen müssen, die bei Gerät X anders aussehen als bei Gerät Y und Z – und genau das sollte eigentlich mittlerweile der Vergangenheit angehören.
Siehe auch
» Faltbare Smartphones: Samsung und Google arbeiten an einer speziellen Version von Android
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