Die geplante EU-Urheberrechtsreform beschäftigt das Web schon seit Monaten, doch erst seit dem finalen Entwurf am Mittwoch kam richtig Bewegung in die Sache: Unzählige Nutzer protestieren in den Sozialen Netzwerken gegen die mögliche Zukunft des Internets und werden diese Proteste auch auf die Straße tragen. Dass die Entscheider in Brüssel tatsächlich keine Ahnung vom Internet haben, wird nun wieder mehr als deutlich – denn sie vermuten hinter den Protesten eine Fake-Kampagne von Google.
Die EU-Urheberrechtsreform wird das aus der EU zugängliche Web, so wie wir es heute kennen, verändern – ganz egal, ob die Reform durchkommt oder abgelehnt wird. Letztes ist aktuell etwas wahrscheinlicher, aber wenn es diesmal nicht klappt, dann werden die entsprechenden Artikel eben später durchgedrückt, bis das Web vollständig kaputt-reguliert ist. Dass das den Unmut, gerade der jungen Menschen, hervorruft, lässt sich dabei leicht nachvollziehen.
Google als eines der größten Web-Unternehmen und Plattformbetreiber ist von der EU-Urheberrechtsreform sehr stark betroffen, sowohl vom Uploadfilter (u.a. YouTube) als auch vom Leistungsschutzrecht (Google News). Dennoch hat sich das Unternehmen aktuell noch nicht zu Wort gemeldet und dürfte wohl erst einmal beobachten, wie sich die Stimmung unter den Nutzern weiter entwickelt und dann rechtzeitig vor den endgültigen Abstimmungen erneut Position beziehen. Vielleicht nimmt man auch die geplanten Protestmärsche am 23. März zum Anlass.
Schon im Vorfeld hatte sich Google zu den damaligen Entwürfen geäußert und, nach Meinung der Politiker, für Panikmache und negative Stimmung gesorgt. Dass das nicht der Fall war, wird nun spätesten seit den Entwürfen und deren Analysen sehr deutlich. Und da reden wir schon lange nicht mehr nur von YouTube und Google News, sondern vom gesamten Web. Die entsprechenden Artikel zu Googles Position findet ihr hier: Leistungsschutzrecht | Uploadfilter.
Die Proteste der Nutzer sehen die CDU/CSU-Politiker in Brüssel nun tatsächlich als Fake-Kampagne von Google und sind offenbar der Meinung, dass sie den Willen des Volkes vertreten, so wie es in einer Demokratie eigentlich nötig wäre. Im Folgenden findet ihr eine sehr gute Erklärung des aktuellen Entwurfs sowie ein paar Beispiele für die Ignoranz der Abgeordneten.
Die Fake Kampagne der IT-Giganten ist aus demokratischer Sicht bedrückend. Kinder und Jugendliche zu instrumentalisieren, die nicht wissen, dass die Freiheit des Internets nicht bedroht ist. Wie übel ist das denn! @AxelVossMdEP @CDU_CSU_EP @sabineverheyen @HelgaTruepel
— Monika Hohlmeier (@MHohlmeier) February 14, 2019
Jetzt kommen wieder sekündlich Mails zum Thema #uploadfilter & #Artikel13 rein. Mal ganz davon abgesehen, dass diese inhaltlich nicht richtig sind, stammen ALLE von #Gmail Konten.? Mensch #google, ich weiß doch das ihr sauer seid, aber habt ihr diese #fake Aktion wirklich nötig?
— Sven Schulze (@schulzeeuropa) February 15, 2019
Die beiden Abgeordneten nehmen die Kritik nicht nur nicht ernst, sondern zeigen, dass sie als Volksvertreter absolut ungeeignet sind und mit Sicherheit keine Ahnung vom Internet haben. Diese Verhöhnung der Proteste und Meinungen sowie die absolute Respektlosigkeit gegenüber den Menschen werden nur dafür sorgen, dass die Proteste umso größer werden und zu Demonstrationen führen werden. Und spätestens dann wird deutlich, dass WIR keine Bots sind.
Dass sie tatsächlich glauben, dass alles nur eine Fake-Kampagne von Google ist, macht eigentlich nur sprachlos.
Ihr werdet euch noch wünschen, die Mails wären alle von Bots gekommen, liebe @CDU_CSU_EP. Diese Behauptung wurde gezielt von Rechteverwerterlobbies in die Welt gesetzt, um das Anliegen vieler Wähler*innen zu diskreditieren. Die Quittung gibts bei der Wahl. https://t.co/jkqfX8utt2
— Julia Reda (@Senficon) February 15, 2019
Und hier noch einmal ein Video-Interview mit dem Mann, der die gesamte Debatte und Reform angeschoben hat und sich selbst als Retter des Internets und Beschützer der Kreativen feiert. Der derzeit wohl meistgehasste Mann im Internet: Axel Voss.
Nicht nur das an den Menschen vorbeigeschriebene Gesetz, sondern vor allem die Reaktionen der Politiker auf ihrem hohen Ross zeigen, dass die Millionen Unterschriften bei diversen Petitionen nichts bringen. Stattdessen muss der Protest auf die Straße und es muss vor allem eine sehr hohe mediale Aufmerksamkeit erzeugt werden, da das Thema noch längst nicht in der Masse angekommen ist. Unter anderem auch aus dem Grund spielt das Thema hier im Blog derzeit eine etwas größere Rolle und natürlich werden wir euch (mit Google-Bezug) weiterhin auf dem Laufenden halten.
Die EU-Urheberrechtsreform und ihre Folgen:
» Leistungsschutzrecht und die Folgen: Irrwitzige Regeln, Traffic-Einbrüche & Google News vor dem Aus
» ‚Das Ende von YouTube?‘ YouTube könnte die EU-Urheberrechtsreform und Uploadfilter nicht umsetzen