Anfang 2016 hat Google das AMP-Format eingeführt und hat es sich damit zum Ziel gesetzt, das mobile Web zu beschleunigen – und das natürlich auch aus eigenem Interesse. Der Ansatz ist sicher richtig und schlussendlich profitieren viele Nutzer davon, doch auf der Seite der Webmaster sieht man das mittlerweile ein bisschen anders. Die in dieser Woche umgesetzte Änderung sorgt erneut für Diskussionen darüber, ob AMP wirklich für alle Beteiligten so ein Segen ist.
AMP steht für Accelerated Mobile Pages und hat sich genau das auch auf die Fahnen geschrieben. Die Smartphone-Nutzer sind bekanntlich weniger geduldig als die Desktopsurfer und möchten alle Inhalte am liebsten direkt und ohne Wartezeit konsumieren. Da das aus vielen verschiedenen Gründen im mobilen Web nicht durchgehend sichergestellt werden kann, hat Google einfach ein neues Format geschaffen, das sich auf das Wesentliche konzentriert.
Viele Nutzer dürften es schon einmal gesehen haben: In der mobilen Websuche erscheint direkt neben einem Suchergebnis, das häufig auch durch ein Vorschaubild grafisch hervorgehoben ist, ein Blitz-Icon. Tippt man darauf, wird die dahinter liegende Webseite sehr schnell laden und man kann sich sicher sein, die ersten Textzeilen und Bilder praktisch unmittelbar nach dem Aufruf sehen zu können. Möglich macht das der Google AMP Cache, der alle Inhalte vorhält und an die Nutzer ausliefert.
Ruft man also eine AMP-Seite aus der Google Websuche auf, landet man in den meisten Fällen nicht direkt auf der Webseite, sondern lediglich auf einer Kopie, die sich auf Googles Servern befindet. Dieser Cache-Server stellt sicher, dass die Inhalte stets aktuell sind und versucht nach einer gewissen Zeit (20 bis 60 Sekunden) bei jedem Aufruf der Cache-Version zu aktualisieren. Soweit so gut, denn die Nutzer profitieren von einer blitzschnell geladenen Seite und die Webmaster von weniger Last sowie geringeren Anforderungen.
Google hat von Beginn an versucht, AMP als freies Format zu etablieren, das nicht nur Extra für die Websuche und andere Google-Quellen erstellt werden muss, sondern theoretisch auch an allen anderen Stellen Verwendung finden kann. Doch in der Praxis zeigt sich, dass die Unabhängigkeit von Google in Wirklichkeit nicht existiert.
Google ist auf den Erfolg des AMP-Formats sehr stolz und möchte es nun noch deutlicher in die Hände der Gemeinschaft legen, statt nur selbst die Kontrolle darüber auszuüben. Mit diesem Schritt soll das Image des Formats aufpoliert werden, da es immer wieder auch als „Google-Format“ verschrien wurde. Es gibt nun also ein Konsortium zur Weiterentwicklung des Formats, dem Google vorsteht, sowie das Format im praktischen Einsatz. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Format praktisch nur bei Google zum Einsatz kommt. Andere Portale, wie Twitter, experimentieren damit, haben es aber noch nicht vollständig umgesetzt.
So lange die Websuche der wichtigste Einsatzort für AMP ist, zählen natürlich auch Googles Vorgaben. Für ein valides AMP-Format reicht es aus, beispielsweise ein Vorschaubild anzugeben. Die Google Websuche will nun aber Riesenbilder und straft alle Webseiten ohne diese mit sofortiger Abstinenz in dem Schlagzeilen-Karussell über den Suchergebnissen ab. Damit nimmt Google auch weiterhin indirekt starken Einfluss auf das Format und kann kaum behaupten, die Kontrolle abgegeben zu haben.
AMP ist dabei mit dem HTML-Code und die Websuche mit dem Browser zu vergleichen. Wer den Browsermarkt anführt, ebenfalls Google, der bestimmt den Quasi-Standard. Egal, was sonst an Standards festgelegt wurde. Bleibt man bei diesem Vergleich, dann hat die Google Websuche einen Anteil von weit über 90 Prozent. Natürlich ist es, wie in so vielen anderen Bereichen auch, nicht Googles Schuld, dass das Format nicht an anderer Stelle adaptiert wird. Dennoch kann von Freiheit eben keine Rede sein.
Wenn es mal nicht läuft…
So lange AMP gut läuft, freuen sich alle Beteiligten. Doch sobald mal Sand ins Getriebe kommt, hat man ein Problem. Die Google Search Console infomiert zwar über Fehler in AMP-Seiten, tut dies aber mit irrwitzig wenigen Details. Als Webmaster bekommt man dann zu lesen, dass eine Angabe in den Strukturierten Daten fehlt, dass Inhalte nicht übereinstimmen, dass falsche Tags verwendet wurden und und und – aber ohne Details. Wo das Problem genau liegt, muss man sich selbst erarbeiten. Das ist schlechte Usability gegenüber dem Webmaster.
Genauso verhielt es sich in dieser Woche mit den Änderungen der Bildrichtlinien. Diese wurden bereits im Februar 2018 geändert (!) – aber das haben selbst AMP-Experten nicht mitbekommen und Webmaster wurden nicht über das Inkrafttreten informiert. Nun war es in dieser Woche soweit und plötzlich hat man Hunderte (oder im Beispiel dieses Blogs Tausende) Fehlerseiten, die plötzlich nicht mehr hervorgehoben in der Websuche platziert werden. Eine Katastrophe für jeden Webmaster / Blogger / Redakteur.
Kritik an Googles AMP-Cache
Aber auch am AMP-Cache von Google gibt es Kritik, da dieser die Inhalte nicht nur vorhält, sondern auch direkt von Googles Servern lädt. In der Adressleiste wird dem Nutzer dann google.com statt der eigentlichen Webseite angezeigt. Das wurde zwar bereits mit einigen Änderungen adressiert, aber am Grundproblem hat das bisher noch nichts geändert. Der Nutzer bekommt zwar mit, dass der Inhalt nicht direkt von Google stammt, aber vielen Webmaster reicht das nicht.
Problematisch am AMP-Cache ist außerdem, dass der Webmaster keinerlei Kontrolle hat. Der Cache kann nicht aktiviert oder deaktiviert werden, er lässt sich nicht anpassen, eine alte Version löschen (ohne Workaround) und andere Dinge. Schlussendlich verliert man also die Kontrolle über die Darstellung der eigenen Inhalte. Wenig überraschend arbeitet AMP natürlich auch am besten mit Googles Analytics und AdSense zusammen. Andere Anbieter werden unterstützt, doch die Einbindung kann kompliziert sein. Über Probleme mit Zählpixeln und Co. ist dann noch gar nicht die Rede.
Lange Rede, kurzer Sinn: Dass Google das AMP-Format derart stark unter Kontrolle hat, hat nicht nur Vorteile. Ein schnelles Web ist sicherlich erstrebenswert, aber unter den aktuellen Bedingungen dürften vor allem Webmaster nicht ganz so glücklich sein. Eine Lösung ist allerdings nicht in Sicht, da man auf den Traffic nicht verzichten kann – selbst große Publikationen nicht. Da Google das Format weiterentwickeln und auch auf andere Bereiche ausweiten möchte, könnte das in Zukunft eher noch schlimmer werden.