Microsoft hat sich unter CEO Satya Nadella deutlich verändert, sowohl nach Innen als auch nach Außen. Man setzt stärker auf offene Technologien und kann sich sogar vorstellen, die Plattformen der Konkurrenz zu unterstützen. Derzeit scheint es so, als wenn Microsoft vor allem an den Google-Technologien gefallen findet und sich stark in Richtung des großen Online-Konkurrenten orientiert. Diese Woche wurde bekannt, dass der neue Microsoft-Browser auf Chromium basieren wird. Das birgt für Google auch Gefahren.
Unter Satya Nadella bekennt sich Microsoft sehr stark zu Open Source und hat erst vor wenigen Monaten die Plattform GitHub übernommen, an der auch Google Interesse hatte. Das sollte wohl vor allem ein Signal sein, dass die Closed Source-Zeiten endgültig vorbei sind und sich das Unternehmen weiter öffnen wird. Unter Berufs-Choleriker Steve Ballmer wäre das noch undenkbar gewesen. Jetzt geht man erneut einen großen Schritt in Richtung einer Google-Technologie.
In dieser Woche wurde zuerst verkündet, dass Microsoft den Edge-Browser einstellen wird und stattdessen an einem neuen Browser arbeitet, der auf dem Chromium-Projekt basiert. Später hatte Microsoft das präzisiert und bestätigt, dass nur die Engine des Browsers ausgetauscht wird – Edge bleibt bestehen. Damit bleibt Firefox der einzige große Browser, der noch auf eine alternative Engine setzt und die von Google entwickelte Blink-Engine nicht verwendet. Dass ausgerechnet Microsoft, das den Browsermarkt viele Jahre lang dominiert hat, nun einen solchen Schritt geht, ist schon bemerkenswert.
Nun hat Chromium mit dem Produkt Google Chrome nicht viel zu tun, aber dennoch ist es eine maßgeblich von Google weiterentwickelte Engine, in dessen Abhängigkeit sich nun auch Microsoft begeben wird. Das ist aber längst nicht der erste Schritt, denn das Unternehmen aus Redmond zeigt sich zunehmend begeistert von Googles Plattformen. So plant man derzeit, Android-Apps unter Windows 10 auszuführen und hat mit der Your Phone-App erste gute Ansätze zur Verbindung der beiden Welten.
Es ist sogar denkbar – und das habe ich bereit sehr ausführlich begründet – dass Microsoft eine eigene Android-Version plant und irgendwann sogar zu Googles Version in Konkurrenz gehen könnte. Das ist zwar noch weit entfernt, aber den gleichen Plan könnte man nun auch auf dem Browsermarkt versuchen wollen.
Da es Microsoft selbst in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, ein mobiles Betriebssystem zu etablieren oder einen halbwegs populären Browser zu entwickeln – obwohl er unter Windows 10 vorinstalliert ist – bringt das Unternehmen in große Bedrängnis. Dass Google viele Türen für die Konkurrenz offenstehen lässt, kommt in diesem Punkt sehr gelegen und wird natürlich auch gerne genutzt.
Für Google besteht nun die Gefahr darin, dass sich Microsoft etwas zu sehr inspirieren lässt und einen sehr Chrome-ähnlichen Browser entwickeln könnte. Zwar sehen schon heute alle Browser recht ähnlich aus, aber eine Google-freie Variante des Browsers mit einer starken Windows-Anbindung würde sicher einige Fans finden. In dem Punkt treibt man den Teufel zwar mit dem Belzebub aus, doch gerade in Unternehmen könnte so etwas sehr gut ankommen.
Doch die Anbindung an das Google-Universum endet nicht mit diesen beiden Projekte, sondern wird in Zukunft noch tiefer gehen. Schon bald soll es möglich sein, sich mit dem Google-Konto in Windows 10 anzumelden, was eine Reihe von Vorteilen bringen könnte. In jedem Fall zeigt sich, dass die einstige Feindschaft der Unternehmen längst nicht mehr besteht. Zumindest fast.
Was kommt als nächstes? Wird Windows 11 ein Chromium OS-Ableger? 😉
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