Google wird die Einstellung von Google+ beschleunigen und das Netzwerk schon im April 2019 komplett herunterfahren. Spätestens seit dieser Ankündigung muss jedem bewusst sein, dass Google+ für das Unternehmen einen Stellenwert weit unter Null hat und man es kaum noch erwarten kann, das ungeliebte Produkt loszuwerden. Doch nun steht die Frage im Raum, was danach kommt. Sollte Google ein neues Social Network starten?
Der Umgang mit den Google+ Nutzern kann eigentlich nur noch als respektlos beschrieben werden, denn das Unternehmen zeigt sehr deutlich, dass das Schicksal der Nutzer und der Communitys nicht wirklich interessiert. Das wird wohl dafür sorgen, dass der Niedergang des Netzwerks schneller vorangeht als es bisher gedacht wurde. Aber auch das könnte zu den Planungen der Strategen gehören, denn vielleicht schafft man einfach nur Platz für ein neues Netzwerk.
Google hat schon jetzt eine ganze Reihe von Produkten im Sortiment, die die Nachfolge von Google+ antreten und ihre Social-Funktionen ausbauen könnten. Doch ein echtes umfangreiches Netzwerk ist nicht in Sicht, was aber natürlich nicht heißt, dass im Stillen Kämmerlein nicht bereits daran gearbeitet wird. Zwar wurde Google+ schon vor langer Zeit fallen gelassen, aber so ganz ohne ein solches Netzwerk klafft doch eine Lücke im großen Google-Universum.
Mit Google+ wollte man einfach zuviel, wie es erst vor wenigen Wochen von einem ehemaligen Designer des Netzwerks in einem sehr ausführlichen Bericht beschrieben wurde. Vermutlich dachten die Strategen, bis rauf in die Chefetage von Larry Page, dass die eigene Marke und die Produkte stark genug sind, um Google+ einfach überzustülpen und es durch die schiere Reichweite der anderen Angebote zum Erfolg zu bringen. Die Folgen sind bekannt.
Über die wahren Gründe für das Scheitern haben wir bereits spekuliert – und sie sind vielfältig. Diese Gründe sind nicht unlösbar, erfordern aber ein völlig anderes Konzept und einen Neustart, den man mit Google+ wohl nicht mehr hinlegen wollte. An dessen Stelle könnte aber ein neues Produkt treten, das all die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt. Und dann dürfte es wieder interessant werden.
Aus Fehlern kann man lernen
Nachdem auch Google vor vielen Jahren bemerken musste, dass Social Networks kein Hype, sondern eine dauerhafte Erscheinung sind, hat man erstmals in der Unternehmensgeschichte eingestehen müssen, einen großen Markt verschlafen zu haben. Daraus resultierten dann Schnellschüsse wie Google Buzz oder auch Google Wave, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt waren. Bei Google+ hat man dann vieles besser gemacht, stand aber vor dem Problem, dass der blaue Konkurrent den Markt bereits fest unter Kontrolle hatte. Also musste das neue Produkt mit Gewalt in den Markt gedrückt werden.
Auch aus diesem Fehler dürfte Google gelernt haben und könnte aktuell von vielen Entwicklungen profitieren: Facebook befindet sich in einer langsamen Abwärtsspirale und es etablieren sich langsam aber sicher immer weitere Netzwerke – der Markt teilt sich also wieder auf. Die Nutzer schauen nach Links und Rechts und warten nur darauf, dass ein neues Netzwerk aus dem Boden schießt, das innovative Funktionen mitbringt, ein besseres Image als Facebook besitzt und – ganz wichtig – über das die Masse der Nutzer erreichbar ist. All das könnte Google erfüllen. Theoretisch.
Ein Stream für alle Produkte
Google betreibt sehr viele erfolgreiche Produkte, denen aber allesamt der Social Layer fehlt – abgesehen davon, dass viele Inhalte extern geteilt werden. Einen echten Stream aus allen Google-Produkten hat man aber bis heute nicht auf die Reihe bekommen, obwohl dieser dabei helfen könnte, dass die Nutzer die vielen Einzel-Produkte stärker als Einheit wahrnehmen. Seit vielen Jahren ist immer wieder von solch einer gemeinsamen Plattform die Rede, das Licht der Welt hat sie aber nie erblickt.
Eine Möglichkeit könnte ein gemeinsamer Stream sein, in dem sich alle aktuellen Inhalte aus den Google-Produkten befinden. Wichtige E-Mails aus dem Posteingang, Termine aus dem Kalender, wichtige Schlagzeilen aus dem Google Feed, aktuell geteilte Daten und Fotos aus Drive und Photos, lokale Neuigkeiten aus dem neuen Google Maps-Stream und vieles mehr. Und dann natürlich die Verbindung zu anderen Kontakten, die ihre Inhalte sehr leicht über diesen Stream teilen könnten.
Wichtig dabei wäre es nur, dass ein solcher Stream On-Top betrieben wird, nichts anderes ersetzt und alle einzelnen Plattformen weiterhin unberührt lässt.
Wenn man sich Googles Messenger-Strategie ansieht, dann ist die Frage, ob bereits an einem neuen Social Network gearbeitet wird, eigentlich schon beantwortet. Google ist bisher nur sehr selten vollständig aus einem Markt ausgestiegen, sondern hat nur den Ansatz geändert – warum sollte es bei Social anders sein? Gerade ein Markt, der schlussendlich auch für das Kerngeschäft (Informationen & Werbung) so unendlich wichtig ist, wird man kaum fallenlassen können.
Die große Frage wird es aber sein, ob man auch in diesem Markt das Vertrauen der Nutzer vollständig verspielt hat. Zwar hat man bei den Social Networks noch längst keinen so großen Verschleiß wie bei den Messengern, aber vor allem der in den letzten Tage gezeigte respektlose Umgang mit den Nutzern lässt die Stimmung nicht unbedingt steigen. Wer Beispiele möchte, muss sich nur einmal Das Google+ Konto von Google+ ansehen. Zumindest all diese Nutzer mit ihren teils zensierungswürdigen Kommentaren werden sich wohl kaum bei einem neuen Google Social Network anmelden.
Was glaubt ihr, wie es weitergeht? Wird Google nach April 2019 vollständig ohne Social Network auftreten, oder haben wir schon Ende 2019 eine neue Plattform?
Siehe auch
» Vorgezogene Schliessung von Google+: Das letzte Vertrauen der Nutzer wird durch Unfähigkeit verspielt
» Google+ Einstellung wird beschleunigt: Neues Datenleck mit 52 Millionen betroffenen Nutzern entdeckt
» Google ohne Google+: Gleich mehrere aktuelle Produkte könnten eine Teil-Nachfolge antreten