Nicht nur die Nutzer auf Googles Videoplattform sind seit Tagen wegen der EU-Urheberrechtsreform im Aufruhr, sondern auch YouTube selbst befeuert das Thema immer weiter und hofft auf ein Einlenken bzw. umfangreiche Anpassungen der bisher im Entwurf befindlichen Richtlinien. YouTube-CEO Susan Wojcicki legt jetzt noch einmal nach und stellt klar, dass ihr Unternehmen weder genügend Ressourcen noch Geld hat, um gesetzeskonform arbeiten zu können.
Das Internet wird von vielen Nutzern als rechtsfreier Raum gesehen, was er theoretisch zwar nicht ist, sich aber praktisch so anfühlt. Doch mittlerweile hat auch die Politik dieses Neuland entdeckt und erarbeitet Regeln für viele Bereiche, die bei den meisten Nutzern und auch den Unternehmen nicht gut ankommen. Das geht vom Recht auf Vergessenwerden über das Leistungsschutzrecht und die DSGVO bis hin zur aktuellen Urheberrechtsreform.
Mit einem wahren Brandbrief gegen den Artikel 13 hat YouTube-CEO Susan Wojcicki eine Panik ausgelöst, die sich wohl noch lange auf der Videoplattform halten wird und vielleicht gar nicht so unbegründet ist. Die EU-Kommission hat die Panikmache stark kritisiert – vor allem für ihre Verhältnisse. Zwar hat YouTube daraufhin leicht zurückgerudert, aber jetzt legt Wojcicki noch einmal nach und hält die Maßnahmen für viel zu stark überzogen.
Wojcicki stellt nun klar, dass die Urheberrechtspläne der EU und die Geschäftsmodelle der Videoplattformen nicht zusammenpassen. Bei YouTube werden laut ihren Angaben mehr als 400 Stunden Videomaterial pro Minute hochgeladen – was unmöglich zu kontrollieren ist. Sie sagte unmissverständlich, dass weder YouTube noch ein anderes Unternehmen die Ressourcen noch das Geld hat, solche Massen an Videos zu überprüfen, auf Urheberrechtsverletzungen zu kontrollieren bzw. in Kontakt mit den Uploadern zu treten.
Although YouTube has agreements with multiple entities to license and pay for the video, some of the rights holders remain unknown. That uncertainty means we might have to block videos like this to avoid liability under article 13. Multiply that risk with the scale of YouTube, where more than 400 hours of video are uploaded every minute, and the potential liabilities could be so large that no company could take on such a financial risk.
Aktuell ist es auf beiden Seiten ein Kampf gegen Windmühlen, denn es gibt noch längst keine EU-Richtlinie und auch die EU-Kommission dürfte nicht all zu viel von solchen Plattformen wie YouTube halten. Beide Seiten haben völlig andere Interessen und werden wohl kaum auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Wie die ganze Geschichte einmal ausgehen wird, ist aber völlig offen. Und so ist die Frage, ob das Ende von YouTube gekommen ist, zwar sehr überspitzt, aber nicht unbedingt falsch.
Erst vor wenigen Tagen hatte Google verkündet, wie man gegen Online-Piraterie vorgeht und dass dabei bereits viele Milliarden Dollar an die Rechteinhaber ausgeschüttet wurden. Das meiste aufgrund des vor vielen Jahren entwickelten Content ID-Systems, das man auch heute noch für die beste Lösung hält. Tatsächlich funktioniert das recht zuverlässig (natürlich mit Ausnahmen, was bei der Masse an Videos aber nicht wundern sollte), minimiert das Risiko für den Nutzer und bringt Einnahmen für den Rechteinhaber.
Wir dürfen gespannt sein, wie sich das weiterentwickelt. Schlussendlich könnte es darauf hinauslaufen, dass YouTube in Europa auf ein anderes System umstellen muss – wie auch immer das aussehen könnte. Beantworten wir die Frage aus dem Titel also einfach mit: Jein.
Mehr Informationen zu diesem Thema
» YouTube, Ads & Drive: So schützt Google das Internet und die eigenen Angebote gegen Online-Piraterie
» Panik auf der Videoplattform: EU-Kommission weist die YouTube-Kritik am Artikel 13 zurück
» YouTube-CEO Susan Wojcicki ruft zu Protesten gegen EU-Urheberrechtsreform & Uploadfilter auf
» Artikel im YouTube Creators Blog