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Einstellung von Google+: Wieder einmal wurde eine Plattform mit großem Potenzial an die Wand gefahren

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Am Montag hat Google die Einstellung von Google+ bekannt gegeben und wird damit einen Schlussstrich unter das Vorhaben ziehen, ein eigenes Soziales Netzwerk aufzubauen. Auch wenn es rückblickend lange abzusehen war, kam dieser Schritt doch sehr überraschend und hat viele Nutzer vor den Kopf gestoßen. Google hat damit erneut bewiesen, dass es kein Durchhaltevermögen hat und lieber neue Anläufe nimmt. Dabei hätte Google+ noch immer ein riesiges Potenzial, wenn man es nicht gegen die Wand gefahren hätte.


Es war keine gute Woche für Google-Fans: Neben der Einstellung von Google+ musste das Unternehmen auch vermelden, dass es ein Datenleck gab, das mittlerweile auch die Behörden beschäftigt. Noch am selben Tag hat auch die News & Wetter-App endgültig ihren Dienst eingestellt und möchte alle Nutzer auf die neue Plattform umziehen. Nur einen Tag später gab es dann das wohl langweiligste und enttäuschendste Google-Event seit vielen Jahren. Es kann also nur besser werden !?


Einstellung von Google+: Der Schaden ist angerichtet – wohin ziehen die vielen Communities?

Am Montag hatte Google einen langen Blogpost veröffentlicht, in dem gleich zwei Hiobs-Botschaften quasi im Vorbeigehen angekündigt wurden: Die Einstellung von Google+ sowie das Datenleck. Das war vielleicht nicht der beste Stil, passt aber sehr gut in die aktuelle Strategie: Google+ hat für das Unternehmen offenbar überhaupt keinen Wert mehr und das Datenleck wollte man so lange verschweigen, bis der Facebook-Skandal in Vergessenheit geraten ist und man nicht mit dieser gewaltigen negativen Energie in Verbindung gebracht wird. Und schon jetzt kann man sagen: Es hat funktioniert.

Doch die Einstellung von Google+ war weder notwendig noch gerechtfertigt und war sicher nicht in direkte Verbindung mit dem Mini-Datenleck zu bringen. Oder hätte man etwa auch GMail oder gar die Websuche eingestellt, wenn dort ein Datenleck auftaucht? Google+ muss nun einfach das Bauernopfer spielen und soll die Konsequenz des Unternehmens zeigen, wenn es um die Sicherheit der Nutzerdaten geht. Gleichzeitig hatte man sich dem Netzwerk entledigt, in das vor einigen Jahren riesige Hoffnungen ruhten.

Schlussendlich zeigt die Einstellung aber mal wieder etwas auf, das so gar nicht zur Unternehmens-Philosophie passen will: Der gemeine Nutzer ist Google schlussendlich herzlich egal und mit den vielen Einstellungen verspielt man das Vertrauen der Nutzer. Insbesondere bei einem Social Network ist die Tragweite sehr viel größer als bei jedem anderen Produkt.



Google stellt Jahr für Jahr viele Produkte ein. Für einige interessiert sich niemand, andere sind schon schmerzhafter und bei manchen merkt man, dass die Wünsche der Nutzer keine große Rolle spielen – insbesondere dann, wenn die Produkte kein Geld verdienen. Betriebswirtschaftlich ist das nachvollziehbar, aber als Unternehmen, das sehr stark vom Vertrauen der Nutzer lebt, kann man sich so etwas nicht zu oft leisten. Das Google+ Ende kommt dabei nur wenige Wochen nach der verkündeten Einstellung von Google Inbox.

Doch E-Mails, Feeds, Notizen, Links und alles weitere kann man mitnehmen – Communitys kann man nicht mitnehmen. Zu einer Community hat man eher eine emotionale Bindung als zu den starren Datensammlungen – auch wenn man das nicht überbewerten darf. Google war mit Google+ zum Beginn des Netzwerks auf einem sehr guten Weg, hat seine Hausaufgaben aus dem Scheitern von Google Buzz und Google Wave gemacht und ein sehr gutes Konzept vorgelegt, dass die Stärken von Facebook und den eigenen Werten kombiniert.

Zum Anfang konnte das Netzwerk schnelle Erfolge feiern und innerhalb kürzester Zeit mehr als 40 Millionen Nutzer gewinnen – doch dann wurde Google gierig. Das Netzwerk wurde tief in das Google-Ökosystem integriert und plötzlich konnte man keine YouTube-Kommentare mehr ohne Google+ Konto abgeben, keine Bewertungen im Play Store schreiben und wurde bei der Erstellung eines Google-Kontos in das Netzwerk gedrückt. Das hat dazu geführt, dass der Ruf von Google+ sehr schnell in den Keller gegangen ist. Darauf folgte eine starke Ablehnung des Netzwerks und schon war der Titel der Geisterstadt geboren, der das zukünftige Wachstum gebremst hat.

Google hatte darauf reagiert und die Zwänge zurückgebaut, hat das Netzwerk dann aber vollständig fallen gelassen. Schon 2015 und 2016 gab es ständig Gerüchte um eine baldige Schliessung, die immer wieder dementiert werden mussten. Das war für ein Vertrauen in das Netzwerk nicht gerade förderlich. Google hätte zu diesem Zeitpunkt echte Initiative zeigen und nicht nur Durchhalteparolen verbreiten müssen. Neue Features, vielleicht ein neuer Name (kann Wunder wirken) und mehr Engagement in den eigenen Reihen wären angesagt gewesen. Und dann hätte aus Google+ wieder das werden können, was sich alle treuen Nutzer von Anfang an versprochen hatten.

Doch Google ist nicht unbedingt bekannt dafür, lange durchzuhalten. Wenn erst einmal eine Delle im Angebot ist, dann startet man lieber ein neues Produkt und fährt das erste vollkommen gegen die Wand. Und so würde es mich nicht wundern, wenn wir schon im nächsten Jahr ein neues Netzwerk von Google sehen werden – in welcher Form auch immer. Dass man Google+ als Business-Netzwerk behält, zeigt, dass man im Unternehmen weiterhin an die Idee glaubt.



Google selbst hatte Google+ seit langer Zeit nicht mehr verwendet und hat die eigenen Communitys zu Twitter und Facebook ausgelagert – was bereits seit Jahren kaum nachvollziehbar war. Natürlich muss man als globales Unternehmen auf FB und Twitter Präsenz zeigen, aber dass man dort deutlich aktiver als auf der eigenen Plattform ist, geht gar nicht. Man stelle sich vor, Mark Zuckerberg schließt sein Facebook-Konto und zieht zu Google+ um und kommuniziert nur noch mit Tweets. Das wäre nicht kurios, sondern Selbstzerstörerisch – aber genau das hat Google seit Jahren getan. Der Rückzug von Google Frankreich dürfte schon aufgrund der bekannten Einstellung geschehen sein.

Man muss sich auch fragen, wann genau die Einstellung beschlossen wurde. In den letzten Monaten gab es viele Hinweise auf neue Features, auf die sich viele Nutzer gefreut haben: Titel für Beiträge, vernünftige Funktionen zur Textformatierung sowie alternative Streams standen alle in den Startlöchern. Hat da ein kleines motiviertes Team an Google+ gearbeitet, während Oben schon die Einstellung beschlossen, aber noch nicht kommuniziert wurde? Es sieht ganz so aus.

Und so wird auch das immer noch enorme Potenzial von Google+ verpuffen. Bis Google den nächsten Anlauf startet. Es werden noch Wetten angenommen, ob es zuerst einen neuen Messenger oder ein Social Network geben wird. Beides Dinge, die Google wohl niemals hinbekommen wird. Höchstens versehentlich.

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