Einstellung von Google+: Der Schaden ist angerichtet – wohin ziehen die vielen Communities?

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Zum Anfang dieser Woche hat Google angekündigt, dass das soziale Netzwerk Google+ eingestellt wird und den Nutzern noch etwa 10 Monate bleiben, bis sie sich endgültig von ihrem Netzwerk verabschieden müssen. Mittlerweile laufen mehrere Kampagnen und Unterschriftensammlungen gegen die Einstellung, doch sie werden wohl nichts nützen – denn der Schaden ist bereits angerichtet und irreparabel.


Eine Community aufzubauen ist schwierig, aber das Herunterfahren noch schwerer. Doch genau vor dieser großen Herausfordung stehen zahlreiche Nutzer und Community-Moderatoren, die sich nun bis allerspätestens August 2019 eine neue digitale Heimat suchen müssen – und das gestaltet sich schwerer als man es denken würde. Doch selbst wenn sich Google nun Last Minute zu einem Fortbestehen von Google+ entschließen würde, ist der Niedergang schon eingeleitet.

googleplus broken

Einstellung von Google+: Wieder einmal wurde eine Plattform mit großem Potenzial an die Wand gefahren

Viele Google+ Nutzer suchen sich in diesen Tagen bereits neue Plattformen und finden dabei ganz unterschiedliche neue digitale Heimaten. In den Communitys wird diskutiert, wohin man denn umziehen könnte und Privatnutzer haben teilweise bereits ihren sofortigen Rückzug verkündet. Der langsame Niedergang hat also begonnen und Google+ wird unweigerlich in den kommenden Wochen und Monaten sehr viel ruhiger werden – und dann zum Ende doch noch zu dem, als was es seit Jahren bezeichnet wird: Zur Geisterstadt.

Niemand wird das Netzwerk jetzt noch als neue digitale Heimat nutzen, Communitys werden wohl nur noch sporadisch gepflegt, denn eine große Nutzerbindung macht auf dieser Plattform nun keinen Sinn mehr. Stattdessen hat man nun alle Hände voll zu tun, neue Anlaufstellen einzurichten, diese zu einer relevanten Größe wachsen zu lassen und dann die aktuelle Community irgendwie mitzunehmen – doch das wird nicht funktionieren.

Als damals der Google Reader eingestellt wurde – eine ebenso große Katastrophe wie jetzt Google+ – gab es zwar unzählige Nachfolger, aber am meisten hat Feedly profitiert, das einen vernünftigen Übergang ermöglicht hat und sich damals sehr engagiert zeigte. Doch für Google+ gibt es DEN Nachfolger nicht.



Als Erstes denkt man natürlich an Facebook, denn rein technisch bietet die Zuckerberg-Plattform nahezu alles, was Google+ Nutzer benötigen. Man darf wohl davon ausgehen, dass ein Großteil der Google+ Nutzer auch ein Facebook-Konto hat und der Umzug leicht sein könnte – aber dann kommt die völlig andere Kultur der beiden Netzwerke zusammen. Tiefgründige Diskussionen und sinnvolle Kommentare kann man bei Facebook mit der Lupe suchen, während sie bei Google+ zum guten Ton gehörten.

Die nächste Anlaufstelle ist Twitter, das durch seine natürlichen Beschränkungen aber ebenfalls kaum als Nachfolger zu sehen ist. Echte Diskussionen sind kaum möglich und enden häufig in einem Durcheinander von Tweets, das kaum zu überblicken ist. Dass man sich dabei auf 280 Zeichen beschränken muss, macht es nicht besser. Andere große Soziale Netzwerke wie Instagram, Pinterest, LinkedIn oder gar YouTube stehen schon aufgrund der völlig anderen Plattformen und Inhalte gar nicht erst zur Debatte.

Bleiben die deutlich kleineren Netzwerke wie Diaspora, MeWe oder Mastodon, die aber derzeit daran kranken, dass sie nur wenige Nutzer haben und viele Nutzer müde sind, sich wieder neue Konten anlegen zu müssen. Es wird also schwer, DEN Nachfolger zu finden und erst recht kann man nicht die gesamte Community mitnehmen. Man kann das mit Arbeitskollegen oder Schulkameraden vergleichen, die natürlich bei einem Arbeitsplatzwechsel in Kontakt bleiben wollen. Wie das in 99 Prozent der Fälle ausgeht, dürfte jeder selbst wissen. Der ganz harte Kern bleibt vielleicht, aber die gesamte Gemeinschaft mitzunehmen funktioniert einfach nicht.

Und damit hat Google mit dem Ende von Google+ auch das Todesurteil über Zehntausende sehr aktive Communitys ausgesprochen, die aus den bereits genannten Gründen schon jetzt zerbrechen. Der Export der vielen Inhalte, über den Google in den kommenden Monaten informieren möchte, ist zwar sehr schön, damit nichts verloren geht. Aber was macht man mit diesen Daten, wenn sie jetzt nur noch in einer riesigen CSV-Datei schlummern? Richtig, eigentlich gar nichts.

Auch die vielen Alternativen sind nun natürlich unvorbereitet von der Google+ Einstellung getroffen worden. Es ist gut möglich, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten dann doch ein Nachfolger besonders ins Zeug legt und als DER Nachfolger angesehen wird. Ihr werdet es natürlich auch hier im Blog erfahren. Auf Google+ (wo auch sonst?) wird derzeit in einer eigenen Gruppe über Alternativen und Nachfolger diskutiert.



So geht es mit dem GoogleWatchBlog auf Google+ weiter
Wie es mit der GoogleWatchBlog-Seite bei Google+ weitergeht, ist für die nahe Zukunft klar: Wir werden bis zum letzten Tag im August 2019 dort aktiv sein. Daneben gibt es noch unsere Facebook-Seite sowie unseren Twitter-Stream und natürlich auch den RSS-Feed sowie den täglichen Newsletter. Wer uns weiterhin folgen möchte, hat also viele Möglichkeiten und ist längst nicht an Google+ gebunden.

Die Zeit – und die Wanderung der gesamten Community – wird zeigen, wo wir alternativen Präsenzen aufbauen werden. Eine Anmeldung bei Flipboard läuft derzeit und bei MeWe sind wir nun auch vertreten.

Natürlich ist es nicht auszuschließen, dass Google kurz vor oder nach dem Ende von Google+ mit einem erneuten Social Network an den Start geht – so wie es zu Googles stets nicht ganz durchschaubarer Produktstrategie gehört. Langfristig wird es mit ziemlicher Sicherheit einen Nachfolger geben – und dann werden wir natürlich auch dort wieder präsent sein 😉

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comment 11 Kommentare zum Thema "Einstellung von Google+: Der Schaden ist angerichtet – wohin ziehen die vielen Communities?"

  • Ich habe auf G+ meine Strategie im Kommentar gepostet. Ich werde keinem Nachfolge-Netzwerk beitreten, um dort meinen Content direkt zu posten, wie ich es bei G+ gemacht habe. Ich verfolge quasi Eurer Strategie: Ich werde einen eigenen Blog führen auf meiner eigenen Domäne und von dort aus die populären Netze befüllen. So behalte ich immer die Kontrolle über meinen eigenen Content. Wie lange wird es denn dauern, bis die kleinen Nerd-Netze auch wieder aussterben? Ich denke kaum, dass da die Mehrheit in 10 Jahren noch existieren wird.

    Euer Vergleich mit den Schulklassen bzw. Arbeitskollegen ist sehr zutreffend. Das ist sicher ein Problem, wenn man sich auf einer Plattform eine grosse Anzahl von Followern aufgebaut hat. Deshalb werde ich es von nun ab so angehen: Ich share meine Artikel auf den anderen Platformen, werde aber mich aktiv nur noch auf meiner eigenen Seite einbringen (Kommentare etc.). So behalte ich auch die Interaktion/Diskussion von meinen Posts unter meiner Kontrolle. Die gehören mir und keine Plattform wird mir diese je wieder wegnehmen.

    Als News-Stream nutze ich Twitter und habe neu auch Feedly eingerichtet. Auf beiden Plattformen folge ich Euch bereits. Somit verpasse ich auch in Zukunft keinen Post. Kommentieren werde ich aber auf Eurer Plattform. So habt auch Ihr Gewissheit, Euren Kontent nicht zu verlieren.

    • @Alex Reusch
      Ich ärgere mich einerseits schon lange über die Auslagerung von, nennen wir es mal „Support“, an externe Dienste.

      Andererseits sehe ich heutzutage mehr denn je bei eigenverantwortlichen Forenbetreibern den Aufwand nicht nur zur Pflege und Hosting der Software. Auch die Contentmafia-Aktivitäten, Upload/Inhaltskontrolle und das Abmahnunwesen verderben mindestens den Privatleuten (= keine Werbeflächen) langfristig die Freude/Motivation.

      Bleibt nur Facebook (wo mein Konto gesperrt wurde und ich es nicht einsehe, meinen Ausweis hochzuladen) oder sowas wie Disqus als Modul, wie bei XDA.

  • Mit großen sozialen Netzwerken hatte ich eh nie viel am Hut.
    Google+ habe ich nur für sehr spezielle Themen genutzt. Ein Wechsel zu Facebook ist für mich
    überhaupt kein Thema. Denn die Themen/Gruppen/Communities die mich interessieren, finde ich dort
    überhaupt nicht.Also mache ich das was ich immer gemacht habe und nutze eben themenspezifische
    Sites und Blogs mit ihren speziellen Communities……und Google+ ist da eben nicht mehr dabei.
    Für mich persönlich ist das kein allzugroßer Verlust.Das Internet ist größer und bietet mehr wie Google+
    und Facebook zusammen.

  • @Alex Reusch
    Diaspora ist etwas älter als G+ und bekommt momentan guten Zulauf. Zu den Wechslern gehören auch einige Entwickler, von denen sogar schon welche angekündigt haben, sich jetzt Verbesserungen und Modifikationen zu Diaspora widmen zu wollen. Ich würde „die kleinen, privaten Netzwerke“ also nicht zu schnell totsagen.
    Auch Mastodon hat einiges an Usern gewonnen, als Twitter vor ein paar Wochen begann, den Entwicklern von Drittanbieter-Tools die Tür zuzuschlagen und zudem einen „Relevanz-Algorithmus“ einzuführen.

    Was Facebook angeht: Zumindest in meinen G+ Kreisen besteht weitestgehend Einigkeit darüber, gerade da nicht hinzugehen.

    • Man sieht ja bereits in den Kommentaren hier, wie aber auch auf G+, dass man sich nicht einig ist, wohin die Reise gehen soll. Es gibt soviele „the next G+“ oder „the better G+“. Diaspora oder Pluspora, Mastodon, MeWe, Mind, Medium usw. Und überall gibt es User, die einen dazu bewegen wollen auf DIE neue Plattform einzusteigen. Ich sehe es so: Auf diesen alternativen Netzwerken sind aktuell nur Nerds. Ich werde wohl keinen aus meinem Freundeskreis dazu bewegen können, sich dort anzumelden. Das heisst, die Allgemeinheit wird nie dort anzutreffen sein. Nun teilen wir diese Nerds noch auf eine Vielzahl von diesen neuen Plattformen auf auf und dann sehen wir, dass wohl keines davon eine kritische Masse erreichen wird und immer ein Schattendasein leben wird. Sorry, das habe ich jetzt die letzten 4 Jahre bei G+ durchmachen müssen. Nö, keine Lust mehr dazu. Und egal wie verteilt und Open Source diese Projekte alle sind: Das Risiko, dass das Ding verschwindet und ich wieder mein „Online-Tagebuch“ in Form meiner Posts verliere… nein, das tue ich mir nicht mehr an. Lesson learned! Wie gesagt, ich werde durchaus auf den verschiedenen Plattformen einen Account anlegen, aber Social-Engagement von meinen Posts gibt es nur noch auf meiner Seite.

  • Ich werde mich mit meinem Fotocontent stärker auf Flickr und Pinterest konzentrieren. Facebook und Twitter nutze ich eh. Doch ich bin traurig um das Ende von Google+, denn das Netzwerk hat mir immer viel Freude bereitet.

    • A ser verdade fico muito triste pois não tenho e não uso outra rede social.
      Assim sendo em Agosto de 2019 direi ADEUS à partilha das minhas fotos… Muito triste/
      To be true I am very sad because I do not have and I do not use another social network.
      So in August 2019 I will tell Goodby to share my photos… Very sad

    • Für Fotos könnte sich auch Ipernity (ipernity.com) anbieten. Diese Fotocommunity-Plattform (Sitz in Frankreich) ist nach einem drohenden Aus von sehr engagierten Usern in Eigenverrantwortung übernommen worden.
      Hier stehen also keine wirtschaftlichen Interessen (mehr) hinter.

      Ich bin dort auch schon länger und mir gefällt dort manches besser als bei Flickr.

  • Hmmm, erinnert sehr an die Situation vor zwei Jahren, als Google Panoramio einstellte……
    Einige der Fotografen sind damals zu ipernity gewechselt.

Kommentare sind geschlossen.