Googles geheime Schalter: Einstellungen vieler Android-Smartphones lassen sich aus der Ferne ändern
Wer Google-Produkte nutzt, lebt mit ziemlicher Sicherheit in der Cloud und muss damit rechnen, dass sie sich jederzeit verändern können. Doch wie aktuelle Beispiele zeigen, sind auch die vermeintlich stationären Produkte nicht sicher vor Googles Eingriffen und können jederzeit aus der Ferne gesteuert, verändert oder gar vollständig angepasst werden. Interessanterweise scheint das aber kaum jemanden zu stören.
Web-Apps sind eigentlich nur Internetseiten, über die man als Nutzer keine Kontrolle hat und die auch jederzeit verschwinden oder sich vollständig verändern können. In Zeiten der vielen Cloud-Dienste gehört es zum Alltag der Nutzer, dass sich immer wieder Dinge verändern. Dabei kann man sich nicht einmal sicher sein, dass das Angebot und die eigenen Daten morgen noch zur Verfügung stehen oder wieder einmal einem Frühjahrsputz zum Opfer fallen. Bei den stationären Produkten wie dem Betriebssystem sollte das eigentlich anders sein – vermeintlich.
Bild: Droid Life
Vor wenigen Tagen haben viele Android-Nutzer darüber gestaunt, dass plötzlich der Stromsparmodus aktiviert wurde, obwohl der Akku noch ausreichend geladen war. Google hatte schnell aufgeklärt, dass dies versehentlich aus der Ferne aktiviert wurde und ein aus dem Ruder gelaufenes Experiment ist. Man hat das schnell wieder deaktiviert und das Problem somit behoben – und damit ist das Thema erledigt. Doch dieser Fall zeigt erneut, dass dem Nutzer die Kontrolle über die genutzten Produkte eigentlich nur vorgespielt wird.
Interessant an diesem Fall ist, dass Google überhaupt die Möglichkeit hat, solche Einstellungen aus der Ferne zu aktivieren oder zu deaktivieren. Immerhin sprechen wir hier vom Smartphone, das für weit über zwei Milliarden Menschen der tägliche Begleiter ist und längst nicht mehr wegzudenken ist. Doch offenbar haben die Nutzer selbst über das Betriebssystem, fernab der Apps, keine vollständige Kontrolle – auch wenn das suggeriert wird.
Google kann aus der Ferne Apps installieren, Apps löschen, über Find my Phone das Smartphone lokalisieren und sogar alle Daten löschen. Und wie sich gezeigt hat, kann man auch die Einstellungen der Nutzer ändern. Nun kann man sich natürlich fragen, wie umfangreich diese Kontrollmöglichkeiten tatsächlich sind – denn das ist nicht bekannt. Dass es solche Schalter gibt, ist per se nicht schlecht, sondern teils auch notwendig. Aber in letzter Zeit werden sie doch etwas zu häufig umgelegt.
Diese Möglichkeiten sind über die Google Play Services gegeben, die stets im Hintergrund aktualisiert und von Google angesprochen werden. Über diese werden auch ständig Daten vom Gerät abgefragt und eben auch gesendet. Und so war es nicht nur möglich, Einstellungen zu ändern, sondern z.B. sogar App-Oberfläche ohne Update zu ändern. Man muss sich in solchen Fällen schon wundern, was aus der Ferne alles möglich ist.
Im aktuellen Fall war es höchstens ärgerlich, aber nicht weiter tragisch. Doch was ist, wenn das nächste mal versehentlich andere Einstellungen geändert werden? Im Extremfall könnte das dazu führen, dass mehr als zwei Milliarden Nutzer ihr Smartphone plötzlich nicht mehr nutzen können. Das lässt sich durch eine Sperre aus der Ferne, einem Zurücksetzen & Daten löschen sowie weiteren Funktionen bewerkstelligen und liegt im Bereich des möglichen. Sicherlich hat Google für solche Fälle scharfe Sicherheitsvorkehrungen, aber über eben diese und den Umfang der Möglichkeiten ist absolut nichts bekannt.
Wenn ein befugter Mitarbeiter mal einen schlechten Tag hat, kann er dann einfach weltweit nahezu 90 Prozent der Smartphones lahmlegen? Für ausgeschlossen halte ich das nicht, wenn natürlich auch mehr als extrem unwahrscheinlich. Würde natürlich nur die Geräte mit den Google Play Services betreffen, aber das ist die Mehrheit. Das soll natürlich keine Panikmache sein, aber dennoch sollte man mal darüber nachdenken, wie sehr die Kontrolle im Laufe der Jahre entglitten ist.
Siehe auch
» Android: Google hat(te) bei vielen Nutzern versehentlich den Stromsparmodus aktiviert
» Gboard: Swipe-Eingabe sorgt derzeit bei vielen Nutzern für Probleme und merkwürdige Vorschläge (Video)
» Studie: So viele Daten sammelt Google pro Stunde mit den Android-Smartphones & iPhones
» Google kauft Daten der Mastercard-Nutzer: Ist der Einkauf dieser ‚Offline-Daten‘ noch in Ordnung?
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Wo ist der wesentliche Unterschied zu proprietärer Software/Betriebssystemen mit automatischen Update Prozess? Die Möglichkeiten und Rechte haben diese Anbietern genauso wie Google.
Es ist schon ein Unterschied zwischen einem Update und dem verändern von Einstellungen, die ein Nutzer festgelegt hat.
Zitat: Sicherlich hat Google für solche Fälle scharfe Sicherheitsvorkehrungen
Das wünscht man sich aber auch nur. Es wird mit Sicherheit aber eher so sein, wie sonst auch. Auswählen, übernehmen, fertig.