Fortnite umgeht den Play Store: Sind die Gebühren für Entwickler im Google Play Store zu hoch?
Die von Epic geplante Umgehung des Play Stores für Fortnite sorgt weiter für Diskussionen: Am Freitag hatte das Unternehmen die Begründungen geliefert, wobei natürlich das Finanzielle im Vordergrund stand. Das wirft die Frage auf, ob die Gebühren in Googles Play Store zu hoch snd – vor allem im Hinblick auf die Gegenleistungen, die die Entwickler dafür bekommen.
Das kurzzeitig kursierende Gerücht hat sich bestätigt: Der Spielehit Fortnite wird schon in wenigen Tagen oder Wochen für Android erhältlich sein, allerdings nicht über den Play Store. Einen solchen Schritt sind bereits viele Entwickler gegangen, aber in der Dimension eines solchen Spieletitels ist es bisher ein Novum. Das könnte nicht nur die Sicherheit von Android gefährden, sondern stellt auch Googles Gebührenmodell infrage.
Google bekommt für jeden über den Play Store getätigten Verkauf eine Provision von ganzen 30 Prozent und behält sich damit gut ein Drittel des vom Nutzer gezahlten Kaufpreises ein, während nur die restlichen 70 Prozent an den Entwickler bzw. Publisher der App bzw. des Spiels überwiesen werden. Diese Gebühr ist vielen Entwicklern zu hoch, doch sie haben keine andere Wahl und müssen in den sauren Apfel beißen. Doch mit entsprechender Marktmacht kann man schon einmal einen Ausreißer riskieren.
Epic hatte sich am Freitag wie folgt dazu geäußert:
The 30 percent store tax is a high cost in a world where game developers’ 70 percent must cover all the cost of developing, operating, and supporting their games. There’s a rationale for this on console where there’s enormous investment in hardware, often sold below cost, and marketing campaigns in broad partnership with publishers.
30 percent is disproportionate to the cost of the services these stores perform, such as payment processing, download bandwidth, and customer service
Es wird also sehr offen angesprochen, dass die Umgehung des Play Stores finanzielle Gründe hat und nicht unbedingt nur etwas mit der „Nähe zum Kunden“ zu tun hat – die das Unternehme schlussendlich ebenfalls nur deswegen interessiert, um noch mehr Umsatz erwirtschaften zu können. Es stellt aber die Frage in den Raum: Sind die Gebühren im Play Store zu hoch?
Kauft der Nutzer eine App oder Spiel für 9,99 Euro, dann bekommt der Entwickler in wenigen Tagen etwa 7 Euro von Google überwiesen, während die restlichen knapp 3 Euro in den Geldspeicher von Larry Page wandern (Steuern lassen wir jetzt hier einmal außen vor). Mit diesen 3 Euro werden die Kosten gedeckt, die Google durch den Play Store und den Vertrieb der App entstehen. Einen genauen Einblick in die Kostenstruktur gibt es nicht, aber die Betroffenen sind sich einig: So hoch können sie nicht sein.
Folgende Posten wollen direkt finanziert werden
- Speicherplatz und Traffic für die APK-Datei
- Ständige Bereitstellung der App für Neuinstallationen oder Updates
- Mögliche Gebühren für die Zahlungsabwicklung
Folgende Posten wollen indirekt finanziert werden
- Der Betrieb des gesamten Play Stores
- Die Redaktion des Play Stores
- Angebote wie die Play Services, Google Play Protect & Co.
Für 3 Euro für nur einen einzigen Download dürfte das problemlos finanzierbar sein, aber am Ende muss man es im großen Ganzen sehen. Google will keine Kosten decken, sondern Geld verdienen. Der überwiegende Teil der Apps und Spiele im Play Store werden kostenlos angeboten, verursachen aber ohne Bezahlung durch den Nutzer die gleichen Kosten – diese müssen also voll subventioniert werden. Am Ende ist es eine große Mischkalkulation, wie man sie von jedem Händler kennt.
Stationäre Einzelhändler kommen ebenfalls auf Margen von 20 bis 30 Prozent, der Wert ist also gar nicht so aus der Luft gegriffen, wie es zuerst scheint. Händler haben Kosten wie Miete und Mitarbeiter, bei Google sind es die Server und die Redaktion. Am Ende dürfte bei Google aber mehr pro Verkauf hängen bleiben als beim Einzelhändler – das wird auch von Epic kritisiert. Allerdings bleibt auch bei Epic mehr hängen, da man die gesamten Distributionskosten für Datenträger, Transport & Co. einspart – dieser Teil wird gewissermaßen ebenfalls auf den Händler umgelegt.
Ein Blick auf die aktuellen Umsatzzahlen der App Stores zeigt, dass Google in diesem Jahr weit über 20 Milliarden Dollar mit dem Play Store einnehmen könnte. Davon bleiben 30 Prozent hängen, dann kommen die Steuern weg und wir liegen bei etwa 5-6 Milliarden Dollar echter Umsatz. Davon muss nun der gesamte Play Store-Betrieb finanziert werden – und das sind nicht nur die App-Downloads. Auch die Synchronisierungen im Hintergrund werden auf Googles Servern gespeichert. Bei weit über 2 Milliarden Android-Smartphones, die sich nahezu täglich neue App-Updates mit Dutzenden MB herunterladen, kommen gewaltige Kosten zusammen.
Schlussendlich kommt dann noch die Weiterentwicklung der Android-Plattform zum Tragen. Android wird bekanntlich NOCH kostenfrei angeboten und muss über die diversen Google-Apps subventioniert werden – zu denen auch der Play Store gehört. Abzüglich aller Kosten dürfte dann gar nicht mehr so viel Gewinn übrig bleiben. Auf der anderen Seite hat Auch Epic mit Fortnite nur einmalige hohe Entwicklungskosten und hat für jeden neuen Download keine direkten weiteren Kosten. Der Serverbetrieb wird viel verschlingen, aber der lässt sich mit In-App-Käufen & Co. locker finanzieren. Auch mit den 30 Prozent Gebühren muss das Unternehmen eher nicht am Hungertuch nagen.
Eines verkauft der Play Store ebenfalls, das gerne vergessen wird: Reichweite. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Schritt für Epic finanziell auszahlt oder ob man am Ende zwar mehr Umsatz pro Nutzer einfährt, aber weniger Android-Spieler zum Download bewegen kann. Gut denkbar, dass das Spiel eines Tages doch noch zusätzlich im Play Store angeboten wird. Und wenn Epic zu wenig verdient, sollte man eben einfach 30 Prozent für alle Play Store-Nutzer draufschlagen.
Apple nimmt im Übrigen ebenfalls 30 Prozent im hauseigenen App Store und verdient damit bis heute mehr als Google Play. Allerdings ist der App Store auf dem iPhone alternativlos, womit die Diskussion über eine mögliche Umgehung gar nicht erst aufkommen kann. Das ganze spiegelt sich derzeit übrigens auch gerade sehr schön in der Apple Pay vs. Google Pay-Situation in Deutschland wider.
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