Google breitet sich seit Jahren immer mehr im digitalen Leben der Menschen aus und erobert mit immer neuen Diensten teils große Marktanteile. Das ist schön für das Unternehmen und praktisch für die Nutzer aber problematisch für die weltweiten Regulierungsbehörden. Jetzt gibt es in der Europäischen Kommission wieder Überlegungen, ob die IT-Giganten wie Google zerschlagen werden sollten – und wenn ja, wie.
Alle Jahre wieder gibt es Diskussionen darüber, ob die IT-Giganten zuviel Macht erlangt haben und wie man dieser Einhalt gebieten könnte. Dass sie immer weiter wachsen und in immer mehr Bereiche vordringen, sorgt dabei nicht gerade für eine Beruhigung dieser Situation. Vor allem Google steht dabei immer wieder im Fokus, da es in so vielen Schlüsselmärkten wichtige oder marktbeherrschende (mit diesem Wort muss man vorsichtig sei) Positionen eingenommen hat.
Es ist bereits weit über 10 Jahre her, dass wir erstmals über eine mögliche Zerschlagung von Google berichtet haben und seit damals hat sich so extrem viel getan und das Unternehmen ist in solch einem Tempo gewachsen, dass eine Zerschlagung nach damaliger Logik eigentlich unausweichlich ist. Jetzt soll es auch in der EU-Kommission wieder entsprechende Überlegungen geben. Diese drehen sich aber nicht nur darum, OB, sondern auch WIE das Unternehmen zerschlagen werden sollte.
Google ist in sehr vielen Bereichen aktiv, wobei sich aber nur die wenigsten Angebote selbst tragen könnten und erst durch die Macht des gesamten Netzwerks halten sie ihre Position. Als Musterbeispiel wird immer wieder die Zerschlagung von Standard Oil im Jahr 1911 vorgebracht – die man aber nicht mit der heutigen Situation vergleichen kann. Das Rockefeller-Unternehmen wurde in gleich 34 Unternehmen zerschlagen, wobei dies aber zu großen Teilen eher eine Trennung der regionalen Aktivitäten gewesen ist.
Früher wurde Standard Oil zerschlagen, und das hat dem Wettbewerb genutzt
Wenn man sich den entsprechenden Wikipedia-Eintrag ansieht, dann ist deutlich sichtbar, das die Zerschlagung schlussendlich nur dazu geführt hat, dass es nun gleich eine Handvoll Unternehmen gibt die die Märkte beherrschen. Allerdings liegt dazwischen auch ein gutes Jahrhundert.
Man denkt aber nicht nur über eine Zerschlagung nach, sondern auch über strenge Regulierungen. Das Unternehmen könnte auch einfach daran gehindert werden, in neue Märkte einzutreten. Inwieweit das rechtlich gedeckt wäre, lässt sich an dieser Stelle von mir nicht bewerten. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es stets Lücken geben wird und man ein Unternehmen kaum daran hindern kann, bestimmte Angebote nicht weltweit (dann eben nur außerhalb der EU) auf den Markt zu bringen.
Vielleicht ist es jetzt an der Zeit nachzudenken, ob man Google zerschlagen sollte. Man kann auch darüber nachdenken, sie am Eintritt in bestimmte Märkte zu hindern.
Aber nicht nur Google steht im Fadenkreuz, sondern auch Amazon und Facebook. Bei letztem hat man mittlerweile eingesehen, dass es ein Fehler war, den Instagram-Kauf durchzuwinken. Vom WhatsApp-Kauf ist noch gar nicht die Rede. Über die Marktmacht von Amazon braucht man gar nicht sprechen, die dürfte jedem bekannt sein, der auch nur im Entferntesten mit Handel zu tun hat.
Selbst ohne Zerschlagung wird es für Google derzeit in vielen Märkten sehr unbequem: In den nächsten Wochen wird ein Milliarden-Urteil gegen Android erwartet, dessen mögliche Folgen auch starke Auswirkungen auf das gesamte Android-Ökosystem haben könnte. Und das ist nur eines von vielen Verfahren, die weltweit gegen das Unternehmen laufen und in den nächsten Jahren noch zu hohen Strafen und Zugeständnissen führen könnte.
[FAZ.net]