Der Rauswurf der Öffi-App aus dem Play Store sorgt weiter für Diskussionen und offenbar auch verhärtete Fronten zwischen Google und dem Entwickler. In nahezu allen Berichten zu diesem Thema kommt Google nicht wirklich gut weg und hat die Rolle des Buhmanns eingenommen. Doch bei etwas näherer Betrachtung zeigt sich, dass auch der Entwickler nicht ganz unschuldig ist und Google einfach nur die eigenen Richtlinien umsetzen muss.
Es kommt nicht so oft vor, dass sich eine in Deutschland entwickelte App in vielen Ländern großer Beliebtheit erfreut und trotz jahrelangem Erfolg kaum eine Konkurrenz zu verzeichnen hat. Öffi ist allerdings so ein Fall und erfreut sich mit über 5 Millionen Downloads und einer Bewertung von 4,5 Sternen im Play Store großer Beliebtheit. Allerdings muss man das mittlerweile in der Vergangenheitsform sehen, denn die App ist nicht mehr im Play Store zu finden.
Der Entwickler der App hat sich bei der Verkündung des Rauswurfs direkt selbst als Opfer inszeniert und konnte den Rauswurf und Googles Begründung für denselbigen nicht nachvollziehen. Da Google lediglich ein Wort als Begründung lieferte (nicht vergessen, das basiert nur auf den Aussagen des Entwicklers) – nämlich „Payments“ – war auch der Aufschrei in den Medien recht groß. Niemand wusste mit der Begründung etwas anzufangen, denn die App ist kostenlos, es gibt keine Werbung und auch keine In-App-Käufe und selbst der Spenden-Button ist in der App nicht zu finden, wenn sie über den Play Store installiert wurde.
Google hatte den Entwickler drei Tage später kontaktiert und Screenshots als Beweis vorgelegt, dass der Button sehr wohl vorhanden ist. Und das ist eben nicht erlaubt bzw. muss über die entsprechenden Wege abgewickelt werden, die mit Googles Nutzungsbedingungen für den Vertrieb von Apps über den Play Store zusammenpassen. Doch tatsächlich ist der Spenden-Button auch in der Play Store-App enthalten, wird aber nur einfach automatisch ausgeblendet.
Es gibt lediglich eine Version von Öffi, die zur Laufzeit überprüft, ob die App aus dem Play Store stammt oder nicht und bei Bedarf den Button anzeigt. Das mag effektiv die Bedingungen von Google erfüllen, doch es gibt zu viele Eventualitäten, die dafür sorgen, dass diese nicht erfüllt werden. Das Kuriose daran ist auch, dass Android über die „Flavors“ sogar eine Möglichkeit bietet, sehr einfach verschiedene Versionen zu erstellen – sie müssten vom Entwickler nur genutzt werden. Am Ende spielen auch die unterschiedlichen Auffassungen der Nutzungsbedingungen mit herein.
Wenn die App über den Play Store heruntergeladen wurde und diese Verknüpfung auf irgendeinem Wege verloren geht, dann ist der Spenden-Button plötzlich wieder da. Das kann etwa passieren, wenn Apps über ein Backup erneut eingespielt werden. Ob es sich dabei dann um ein Sideloading handelt, obwohl sie ursprünglich aus dem Play Store stammen, ist dann wohl Definitionssache. Das erklärt aber auch, warum Googles Tester den Button sehen konnten. Vermutlich sitzen die internen Tester nicht vor ihren Smartphones, sondern verwenden eine andere Infrastruktur, bei der eben diese Verknüpfung zum Play Store nicht gegeben ist. Und schon ist Google völlig im Recht.
Am Ende sind also in der Theorie beide im Recht. Dem Entwickler war es sehr wohl bewusst, dass der Spenden-Button in dieser Form nicht zulässig ist, hat das aber auch in seinen ersten Statements verschwiegen und von „mehrere Versionen“ gesprochen – die es aber effektiv garnicht gibt. Die meisten werden wohl auch zustimmen, dass Google hier etwas hart reagiert und ein Auge zudrücken könnte, aber man kennt das Sprichwort: Reichst du den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand. Bevor gefährliche Präzedenzfälle geschaffen werden, hält man sich besser an die Richtlinien. Wenn man drüber nachdenkt, ist das mehr als Verständlich.
Um das Problem zu lösen, muss der Entwickler einfach nur eine alternative Version in den Play Store hochladen, die diesen Button nicht enthält. Das sollte nur ein minimaler Aufwand sein und könnte die ganze Diskussion beenden. Derzeit haben wir ein Loose-Loose-Loose, das für niemanden befriedigend ist: Der Durchschnittsnutzer kommt nicht mehr an die App heran, der Entwickler gefährdet den guten Ruf seiner App und Google steht, ohne sich selbst etwas zu Schulden kommen zu lassen, als Buhmann da. Dabei wäre es so einfach…
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