In den nächsten Tagen oder Wochen könnte es ein neues Urteil der EU-Kommission geben, dass Google sowohl finanziell teuer zu stehen kommen als auch einen wichtigen Teil des Geschäftsmodells bedrohen könnte: Es geht um die Bündelung bzw. Vorinstallation von Google-Apps auf den Android-Smartphones. Das könnte Google möglicherweise untersagt werden und dafür sorgen, dass der Nutzer vor die Wahl gestellt werden muss, welche Software er nutzen möchte.
Google hat es in diesen Tagen nicht leicht, denn gerade die EU-Kommission scheint im digitalen Bereich kaum noch ein anderes Thema zu kennen: Schon im vergangenen Jahr gab es eine Milliardenstrafe gegen die Websuche woraufhin Google auch die Produktsuche auslagern musste. Vor wenigen Tagen wurde dann öffentlich eine Zerschlagung des Unternehmens diskutiert und neben Android gibt es auch noch ein weiteres Verfahren gegen das Werbegeschäft.
Wer sich in der westlichen Welt ein neues Android-Smartphone kauft, erwartet völlig zurecht, dass neben dem Play Store auch die diversen Google-Apps von der Websuche über den Chrome-Browser bis hin zu YouTube und GMail vorinstalliert sind. Doch so bequem das auch ist, so problematisch ist das für die vielen kleineren Anbieter, die weder gegen die Marktmacht Googles noch gegen die Bequemlichkeit der Nutzer ankommen.
Jetzt ist erst einmal der Chrome-Browser in den Mittelpunkt gerückt und soll entweder vom Betriebssystem entkoppelt werden der dem Nutzer muss eine Browserweiche angeboten werden, wie man es damals aus Microsoft Windows kannte. Welche Auswirkungen das haben wird ist fraglich, aber Googles Geschäftsmodell mit Android und den mobilen Apps ist damit bedroht und könnte dementsprechend auch große Folgen für das gesamte Ökosystem haben.
Zu überlegen ist auch, welche Browser dem Nutzer zur Wahl gestellt werden müssen. Wird es eine lange Liste geben? Nur wenige Alternativen? Sind dann auch wieder nur die großen Firefox, Opera und Microsofts Edge mit dabei? Wenn ja, was genau wird das den wirklich kleinen Anbietern helfen?
Aber das Spielchen kann man auch mit allen anderen Apps fortsetzen. Für die Websuche müssen Alternativen geboten werden, für die Google Maps sowieso, GMail darf nicht alleine vorinstalliert sein und auch YouTube als einzige vorinstallierte Videoplattform weckt sicher Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. Das lässt sich noch mit einigen weiteren Beispielen fortsetzen, wirft aber stets die gleichen Fragen auf.
Sollte Google zur vollständigen Entkopplung gezwungen werden, dann ist zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu hinterfragen, ob die Weiterentwicklung von Android noch sinnvoll ist. Wenn sie aus anderen Quellen finanziert werden muss, dann müssen die Smartphone-Hersteller zur Kasse gebeten werden und bekommen keinen kostenlosen Zugriff mehr auf das Betriebssystem. Das diese Kosten am Ende an den Endnutzer weitergegeben werden, versteht sich dann wohl von selbst. Was das für die vielen Custom ROMs bedeutet, wenn Android plötzlich nicht mehr kostenlos zu haben ist, steht auf einem anderen Blatt.
Wie auch immer ein Urteil gegen Googles Android-Betriebssystem ausfallen wird, es ist mit einer weiteren Milliardenstrafe und mit großen Folgen für das gesamte Ökosystem zu rechnen. Das werden einige gut finden, andere wiederum nicht. Kann sicher sehr kontrovers diskutiert werden, vor allem weil der Play Store mit allen Konkurrenz-Apps nur wenige Taps entfernt ist.
Interessanterweise hat die EU-Kommission schon vor einiger Zeit Googles Vergleich mit dem iPhone zurückgewiesen, obwohl es bei Apple noch sehr viel „schlimmer“ aussieht als bei Android. Wir dürfen gespannt sein, wie das Urteil ausfallen wird. Erwartet wird es für die kommenden Wochen.
Siehe auch
» EU-Verfahren gegen Android: Google droht Milliardenstrafe & Auswirkungen auf das Android-Ökosystem
» EU-Verfahren Websuche
» EU-Verfahren Werbenetzwerk
» EU-Verfahren Android
» EU-Beschwerde Maps & Yelp