YouTube Music: Spotify-Killer? Googles neue Streaming-Plattform bringt Bewegung in den Musikmarkt
Gestern Abend hat Google den Start von YouTube Music und YouTube Premium angekündigt und damit wieder einmal für Aufsehen gesorgt. Die Ankündigung kam nicht wirklich überraschend, da sich die Zusammenlegung von den diversen YouTube Streaming-Diensten mit Google Play Music schon seit längerer Zeit abgezeichnet hat. Häufig ist vom „Spotify-Killer“ die Rede – was aber aus heutiger Sicht übertrieben klingt. Dennoch dürfte das neue Angebot den Markt sehr stark durcheinander wirbeln.
Mit etwas Verspätung hat Google gestern Abend den Start von YouTube Music angekündigt und stellt sich damit im Markt des Musik-Streaming noch einmal völlig neu auf. Statt des nicht ganz so populären Google Play Music soll es nun YouTube Music richten, das über die bekanntere Marke verfügt und – wichtiger noch – einen Großteil der Inhalte bereits seit Jahren bereithält, die von Hunderten Millionen Nutzern gesehen und gehört werden.
YouTube Music steht grundlegend in einer kostenlosen Variante mit vollem Zugriff auf die gesamte Musikdatenbank zur Verfügung, die über gelegentlich abgespielte und angezeigte Werbespots finanziert wird. Das kennt man von YouTube und ist die kurzen Spots bereits gewohnt – die Nutzerzahlen zeigen aber, dass das kaum jemanden stört. Das große Geld soll aber mit YouTube Music Premium verdient werden, das für 9,99 Euro pro Monat zur Verfügung steht und sowohl die Werbung entfernt, als auch den Download der Songs und Videos sowie das Abspielen mit ausgeschaltetem Display ermöglicht.
Auf den ersten Blick ist YouTube Music eine Kombination aus Play Music, dem bereits erwähnten Spotify und YouTube. Play Music-Nutzer werden sich vor allem bei den Playlisten und den Kontrollen wie zu Hause fühlen. Die großen Flächen sind nun einfach mit dem Musikvideo gefüllt und die Oberfläche ist statt in einem hellen Weiß nun in einem dunklen Schwarz gehalten. Wer die Videos nicht sehen möchte, kann einfach in den Audio-only Modus umschalten bzw. bei Songs ohne Video wird nur das Album- oder Single-Cover angezeigt.
YouTube punktet vor allem mit den erweiterten Inhalten, die normalerweise auf anderen Plattformen nicht zur Verfügung stehen. Dazu gehören vor allem Live-Mitschnitte von Konzerten und unendliche Remixes. Und das alles noch mit Video – zum gleichen Preis wie bei der Konkurrenz.
Der Start ist noch etwas holprig, denn es sind noch nicht alle Playlisten aus Play Music auch bei YouTube Music abrufbar, selbst hochgeladene Songs sind teilweise nicht verfügbar und auch der Upload von eigenen Songs ist noch nicht möglich. Aus diesem Grund bleibt Play Music weiter erhalten, laut eigenen Angaben werden aber alle diese Dinge bald bereinigt bzw. auch die Upload-Funktion nachgerüstet. Auch die Qualität kann mit 128 kbps noch nicht mit der Konkurrenz mithalten, aber auch das wird sich „schon bald“ ändern.
Wenn Google die Baustelle YouTube Music dann fertig hat, dann könnte die Konkurrenz ein Problem kriegen. Für Musikvideos war YouTube schon immer die erste Anlaufstelle – und jetzt gibt es sie auch noch werbefrei oben drauf. Die dadurch größere Auswahl, wie die vielen Konzertmitschnitte wird für die Konkurrenz nicht zu toppen sein. Google steht sich höchstens selbst im Wege, denn die ständigen Umbauten und Änderungen halten den einen oder anderen dann vielleicht doch davon ab, dem konsistenten Spotify den Rücken zu kehren.
Langfristig wird Spotify ohnehin zu einem großen Problemfall werden: Obwohl die Plattform Marktführer ist, wurde bisher noch kein einziger Cent verdient – und mit dem Erstarken der Konkurrenz und dem steigenden Anspruch der Kunden wird das nicht unbedingt leichter. Google spannt nun einfach beide Zugpferde vor einen Karren: Die Musik hatte man ohnehin schon und die Musikvideos ebenfalls, am Ende ergeben sich da noch Synergien, mit denen man Geld einsparen kann.
Mit entsprechender Werbung auf der Plattform kann man in Zukunft auch viele Nutzer erreichen und ihnen das Music Premium-Abo schmackhaft machen. Einfach neben einem Werbebanner einen kurzen Hinweis auf das werbefreie Angebot oder das gleiche an anderer Stelle vor oder nach einem Werbespot. Durch die schiere Masse an YouTube-Nutzern sollte es ausreichen, um einige Millionen Nutzer von dem Angebot zu begeistern.
Schon vor einigen Wochen wurde bekannt, dass YouTube den Musik-Schmarotzern den Kampf ansagt und sie so lange mit Werbung „belästigen“ will, bis sie sich für ein Abo entscheiden. Ob man diesen Plan wirklich global umsetzt, wird sich wohl auch danach richten, wie viele Nutzer nach der 3-monatigen Probezeit bei dem Angebot bleiben.
Google dürfte bei YouTube Music Premium und YouTube Premium auch auf das Erfolgsrezept von Amazon Prime setzen. Hier bekommen die Nutzer so viele Vorteile aus den ganz verschiedensten Kategorien geboten, dass sie kaum um ein solches Abo herum kommen. Bei YouTube gibt es neben der Musik eben auch die Musikvideos, für nur zwei Euro mehr pro Monat sogar eine komplett werbefreie Plattform und mit dem Start von Google One stehen sicherlich noch mehr Vorteile ins Haus. Auch das relativ günstige Familien-Abo ist nicht zu unterschätzen.
Die große Frage wird wohl bleiben, ob Google mit dem Angebot Geld verdienen kann. Wie bereits angesprochen, verdient Spotify keinen Cent, Amazon zahlt bei jedem Prime-Nutzer drauf (kann sich das aber durch die Massen an Bestellungen subventionieren) und Google dürfte die Gewinne mit der Musik nur sehr knapp kalkulieren können. Nun kommen aber noch die Musikvideos dazu, die mit Hunderten Millionen oder gar Milliarden Aufrufen die mit Abstand populärsten Videos auf der Plattform sind. Wenn diese plötzlich ohne Werbespot oder -Banner abgespielt werden, gehen viele Einnahmen verloren und der Topf mit den 9,99 Euro muss auch diese querfinanzieren. Das könnte auch langfristig wohl höchstens ein Nullsummenspiel werden.
Das Ende von Spotify wird YouTube Music vermutlich nicht sein, denn dafür hat das Unternehmen eine zu starke Marktposition, aber das Umfeld wird nun deutlich ungemütlicher. Und selbst wenn sie wollten, könnte die Konkurrenz niemals mit den vielen Musikvideos und Spezialinhalten von YouTube gleichziehen. Und das macht es für mich zu einer besseren Alternativ als die Angebote aller anderen großen Unternehmen.
Siehe auch
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Irgendwie ist die Auswahl nicht so groß. Viele Songs, die ich bei Google Play Music gekauft habe, sind nicht zu finden :/
Ich habe erst vor Kurzem Spotify (kein Premium) entdeckt und werde da auch bleiben. YT ist für mich noch immer DIE Videoplattform. Spotify nutze ich zum hören von Mixen oder Bands, deren Album ich (noch) nicht gekauft habe, aber schon mal reinhören will. Z.B. beim Laufen oder handwerken zu Hause 🙂