Vor wenigen Tagen hat Google die Umbenennung von Android Wear zu Wear OS angekündigt und hat diesen Wechsel sehr schnell und ohne große Übergangszeit vollzogen. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Marke „Android“ im Unternehmen nicht mehr den Stellenwert der früheren Jahre hat und auf lange Sicht nur noch für ein einziges Produkt verwendet werden könnte. Weitere Umbenennungen sind nur möglich, sondern sogar relativ wahrscheinlich. Möglicherweise schon der erste Schritt in Richtung des Nachfolgers.
Als Android vor gut 10 Jahren veröffentlicht wurde, konnte niemand mit dem riesigen Erfolg des Betriebssystems rechnen. Doch Googles Betriebssystem war genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort und stand vom Beginn des Smartphone-Booms für alle Hersteller kostenlos zur Verfügung, um es mit dem iPhone aufzunehmen. Der Rest ist Geschichte und hat dazu geführt, dass „Android“ zu den stärksten Marken im Konzern gehört.
Den Höhepunkt des Android-Hypes dürften wir im Jahr 2014 erlebt haben, denn vor gut vier Jahren trugen plötzlich sehr viele neue Produkte den Namen Android. Neben den damaligen Betriebssystemen KitKat und Lollipop gab es plötzlich auch die neuen Betriebssysteme Android Wear, Android Auto und Android TV, die auf Smartwatches, im Auto bzw. auf Fernsehern zum Einsatz kommen sollen. Wirklich erfolgreich war Google mit dieser Strategie bisher aber nicht, auch wenn alle drei Betriebssysteme jeweils große Marktanteile haben.
Die schnelle Umbenennung von Android Wear hat gezeigt, dass die Marke „Android“ für Google wohl nicht mehr genug Zugkraft hat. Stattdessen setzt man nun lieber auf den neutralen Namen „Wear OS“ und hängt noch das Kürzel „by Google“ mit dran, das auch schon bei allen Hardware-Produkten der made by Google-Serie zum Einsatz kommt. Der neue Name ergibt natürlich Sinn, da man so zeigen möchte, dass die Uhren mit diesem Betriebssystem auch mit einem iPhone genutzt werden können – wie man selbst begründet.
Genau so wie unsere Technologie und unsere Partnerschaften sich weiterentwickelt haben, habe es auch unsere Nutzer getan. Im vergangenen Jahr hat jeder Android Wear-Nutzer auch ein iPhone genutzt. Da sich die Uhren-Industrie in der kommenden Woche auf der Baselworld-Konferez trifft, kündigen wir nun einen neuen Namen an, der besser zu unserer Technologie, Vision und auch unseren Nutzern passt. Wir heißen nun „Wear OS by Google“, das Wearable-Betriebssystem für alle.
Laut Google nutzt jeder dritte Android Wear (Wear OS)-Nutzer auch ein iPhone.
Der neue Name macht aus Marketing-Sicht vielleicht Sinn, im Unterbau schlummert aber noch immer Android auf den Smartwatches – aber das wird von Google nun praktisch „verheimlicht“. Aber dass Android nicht immer auch mit der Bezeichnung vermarktet wird, ist ja schon seit vielen Jahren vom Chromecast bekannt, dessen Betriebssystem auf einer Abwandlung von Android TV basiert. Es ist also nicht mehr in Stein gemeißelt, dass „Android“ als Marke auch sichtbar sein muss.
Aber Android Wear ist nicht die einzige eingestellte Marke: Erst vor wenigen Wochen wurde Android Pay in Google Pay umbenannt und schon vor vielen Jahren wurde der damalige Android Market in Google Play Store umbenannt. In allen drei Fällen wurde die Marke „Android“ durch „Google“ ersetzt – und das könnte sich nun fortsetzen. Auch die Marken „Android TV“ und „Android Auto“ sind nicht unbedingt so bekannt, dass man sie aus wirtschaftlicher Sicht nicht verschwinden lassen könnte.
Mittlerweile steht vor allem der Google Assistant im Mittelpunkt, der auf immer mehr Plattformen und Geräten zu finden ist. Da Auto-Käufer ihre Neuanschaffung aber wohl nicht vom Smartphone-Betriebssystem abhängig machen möchten, wäre die Marke „Google“ im Auto sicher sehr viel stärker als die Marke „Android“. Das gleiche gilt für den Fernseher, bei dem das Betriebssystem den meisten Menschen wohl grundlegend egal ist. Hauptsache Assistant, YouTube & Internet stehen zur Verfügung. Und auch hier wäre die Marke „Google“ besser geeignet.
Beim Fernsehen hat man allerdings das Problem, dass es schon mehrere Anläufe gab und die Bezeichnung Google TV bis heute verbrannt ist. Aber der Marketing-Abteilung werden schon geeignete Namen einfallen. Und damit wären dann zwei weitere Android-Marken verschwunden.
Am Ende bleibt dann nur noch Android als Bezeichnung für das Smartphone- und Tablet-Betriebssystem (wobei Tablet ja auch nicht mehr ganz sicher ist). Auf dem Smartphone hingegen trägt das Betriebssystem immer wieder auch bekannte Süßspeisen-Namen, die innerhalb kürzester Zeit zu einer eigenen Marke werden. Wenn von „Nougat“, „Oreo“ oder „Marshmallow“ auf dem Smartphone die Rede ist, wissen auch viele Menschen, dass Android gemeint ist.
Für Google könnte das Zurückfahren der Marke Android schon jetzt strategische Gründe haben. Wir berichten hier im Blog häufig über den Android-Nachfolger Fuchsia, bei dem durch geschickte Entscheidungen das Henne-Ei-Problem umgangen werden soll. Entwickler werden mit Flutter auf die Plattform gebracht und mit dem Material Design 2 in Android P wurden die ersten Schritte in Richtung einer neuen Oberfläche gemacht. Wenn nun auch noch Android als Marke in den Hintergrund rückt, dann wird der Wechsel zu Fuchsia gar nicht mehr auffallen. Dann ist es nur noch das „OS by Google“ oder so ähnlich.
Da die Marke „Google“ sehr stark ist und zu den wertvollsten und bekanntesten Marken der Welt gehört, wäre eine Konzentration auf diese eine Marke vielleicht auch sinnvoll. Schon im Jahr 2016 hatte Googles Android-Chef davon gesprochen, dass der 4. Oktober 2016 zu einem historischen Tag werden wird. Damit wird er wohl nicht nur die Pixel-Smartphones, sondern wohl vor allem auch die Einführung der Marke „by Google“ gemeint haben.
We announced the 1st version of Android 8 years ago today. I have a feeling 8 years from now we'll be talking about Oct 4, 2016.
— Hiroshi Lockheimer (@lockheimer) 24. September 2016
Natürlich ist das noch hochspekulativ von mir, aber ich denke, dass die Vorzeichen allesamt in die Richtung deuten, dass „Android“ über kurz oder lang verschwinden könnte.