Es ist (bald) Weihnachten – eigentlich das Fest der Liebe und natürlich auch der Geschenke. Doch für Amazon und die Amazon-Kunden hat Google ein bitteres Geschenk geschnürt und unter den Weihnachtsbaum gelegt: Ab dem 1. Januar 2018 wird YouTube von allen Amazon-Geräten entfernt und ist dann weder auf dem Echo Show noch auf dem Fire TV Stick nutzbar. Und dabei sah es gerade erst nach einer großen Einigung zwischen den beiden Unternehmen aus.
Über Jahre sind sich Amazon und Google kaum in die Quere gekommen und konnten jeweils in ihren eigenen Bereichen wachsen und Kunden gewinnen. Doch seit einiger Zeit sind beide Unternehmen auch zu Konkurrenten geworden und stehen sich unter anderem bei den Heim-Assistenten oder auch bei Streaming-Geräten gegenüber. Das lief noch nie wirklich gut, aber jetzt sieht es ganz so aus, als wenn der Kleinkrieg vollkommen eskaliert.
YouTube hat vor wenigen Minuten angekündigt, dass die Unterstützung für den Echo Show und auch für den Fire TV-Stick von Amazon ab dem 1. Januar 2018 eingestellt wird – also schon in weniger als vier Wochen. Und dabei handelt es sich offenbar nicht um eine vorübergehende Maßnahme, sondern um eine vollständige Abschottung der Videoplattform von den Produkten des Online-Händlers. Als Grund gibt YouTube an, dass auch Amazon nicht anders mit Google und dem Schwesterunternehmen Nest verfährt.
Wir haben versucht, eine Vereinbarung mit Amazon zu treffen, um den Verbrauchern den Zugang zu den Produkten und Dienstleistungen des jeweils anderen zu ermöglichen. Aber Amazon führt keine Google-Produkte wie Chromecast und Google Home, stellt Prime Video nicht für Nutzer von Google Cast zur Verfügung und hat letzten Monat aufgehört, einige der neuesten Produkte von Nest zu verkaufen. Angesichts dieser mangelnden Gegenseitigkeit unterstützen wir YouTube nicht mehr bei Echo Show und Fire TV. Wir hoffen, dass wir eine Einigung erzielen können, um diese Probleme bald zu lösen.
Diese Situation kann für beide Unternehmen nicht befriedigend sein, denn beide sind in ihren Bereichen unglaublich stark und könnten eigentlich in guter Konkurrenz auch zusammen arbeiten.
Für Amazon und vor allem die Amazon-Kunden ist das nun ein schwerer Schlag, da man YouTube nicht so einfach ersetzen kann. Man hat zwar eigene Filme und Serien im Angebot, aber das YouTube-Angebot ist eben einzigartig und kann auch von keiner anderen Plattform in diesem Umfang ersetzt werden. Für Google hingegen ist es natürlich eine schwere Bürde, wenn die eigene Hardware nicht bei Amazon verkauft wird – da das Unternehmen bekanntlich DIE Anlaufstelle für Onlineshopping ist. Aus diesem Grund hat Google wohl auch den Google Store gestartet und bewirbt diesen verhältnismäßig prominent auf der Startseite.
Erst vor einigen Wochen ist YouTube erstmals vom Echo Show verschwunden, ist aber schon kurz danach wieder aufgetaucht. Ob dieser neue Anlauf ein Alleingang von Amazon gewesen ist, lässt sich nur schwer sagen, aber jedenfalls hat das Glück der Nutzer nicht lange gehalten. Eigentlich sah es so aus als wenn beide Unternehmen aufeinander zugehen, denn gerade erst hatte Amazon eine Chromecast-Unterstützung eingeführt, die nun vielleicht auch wieder zur Disposition steht.
Fraglich ist, welches der beiden Unternehmen am längere Hebel sitzt: Google kann rein finanziell auf den Verkauf bei Amazon verzichten, muss dafür aber vermutlich einiges an Marktanteilen einbüßen. Amazons Geräte hingegen verlieren mit YouTube eine wichtige Plattform, sind aber ohnehin eher auf die Wiedergabe von Filmen aus dem Prime-Angebot konzipiert.
Mehr zu den Streitigkeiten rund um YouTube und Amazon findet ihr in diesem Artikel, in dem wir eine kleine Chronik der Vorfälle zusammengefasst haben. Begonnen hatte damals alles damit, dass Amazon den Verkauf des Chromecast eingestellt hat – ein für Google damals und heute sehr wichtiges Gerät.
Aus Nutzersicht bleibt zu hoffen dass der letzte Satz in YouTubes Statement tatsächlich ernst gemeint ist, und dass man auf eine Einigung mit Amazon hofft. Da es eigentlich in den vergangenen Wochen sehr gut zwischen den beiden Unternehmen aussah, könnte ich mir vorstellen dass die Begründung von YouTube tatsächlich die größte Rolle gespielt hat: Dass sich Amazon weigert, die Google-Hardware zu verkaufen – was den Geräten wohl deutlich mehr Reichweite geben würde. Da sich Google mittlerweile auch als Hardware-Unternehmen sieht, ist die Listung beim größten Onlinehändler natürlich essenziell.
Vielleicht gibt es in den nächsten Tagen noch weitere Hintergründe zu diesem Fall, vor allem vielleicht auch aus der Sicht von Amazon – denn man muss ja immer beide Seiten sehen. Der Leidtragende ist aber wie immer der Nutzer, auf dessen Schultern das ganze nun ausgetragen wird. Es ist aber nicht davon auszugehen dass sich die Unternehmen im Laufe der nächsten Wochen einigen. Und so wird es erst einmal bei der Deadline vom 1. Januar 2018 bleiben, an dem YouTube vorerst von den beiden Amazon-Geräten verschwinden wird.
Um Amazon richtig zu treffen könnte Google auch erneut die Amazon-App aus dem Play Store entfernen, aber ich denke soweit wird man wohl hoffentlich nicht gehen. Vor allem nicht vor Weihnachten.
UPDATE
» Nach Googles angedrohter YouTube-Blockade: Amazon nimmt den Chromecast wieder ins Sortiment auf
» Streit zwischen Google & Amazon: YouTube-Blockade auf dem Fire TV könnte noch abgewendet werden
Siehe auch
» Amazon vs. Google: Ein kurzer Überblick über den Kleinkrieg der beiden Konkurrenten