Seit etwas über einem Jahr betreibt Google gleich zwei Mail-Clients, die zwar auf die gleiche Datenbank zugreifen, aber ansonsten komplett voneinander getrennt sind. Beide haben unterschiedliche Ansätze für die Verwaltung der Mails und Inbox soll(te) nicht weniger tun, als den Mail-Client zu revolutionieren und den Posteingang intelligent zu sortieren. Welche Oberfläche auf lange Sicht bestehen bleibt war bisher völlig unklar, doch jetzt hat Google überraschend Fakten geschaffen: Viele GMail-Nutzer werden jetzt automatisch auf Inbox weitergeleitet.
Da Inbox einen völlig anderen Ansatz zur Sortierung und Gruppierung von Mails hat, wollte man dieses Konzept nicht auf alle GMail-Nutzer loslassen – und diese damit eventuell vergraulen – und hat im Oktober 2014 Inbox aus der Taufe gehoben. Im ersten halben Jahr konnte Inbox nur mit Einladung genutzt werden, im Mai hatte man dieses System dann abgeschafft und stellt es jedem Nutzer frei, welche Oberfläche er verwenden möchte. Google hat zwar keine offiziellen Zahlen genannt, aber die Meinungen über Inbox sind schon äußerst durchwachsen und benötigt noch einiges an Arbeit.
Seit einigen Tagen bekommen einige Nutzer beim Aufruf von GMail nun eine Meldung angezeigt, dass sie automatisch auf Inbox weitergeleitet werden. Diese Weiterleitung kann auch direkt per Knopfdruck deaktiviert werden, doch dieser ist natürlich ausgegraut und der Nutzer soll erst einmal auf den „OK“-Button klicken. Anschließend wird dann Inbox geöffnet und die Weiterleitung standardmäßig aktiviert. Jedes mal wenn der Nutzer nun mail.google.com aufruft, wird er automatisch zu Inbox weitergeleitet. Hat man die Weiterleitung aktiviert, erscheint innerhalb von Inbox auch ein neuer Link im Hauptmenü, mit dem man wieder direkt zu GMail zurück wechseln kann.
Diese Weiterleitung gibt es schon seit längerer Zeit, doch bisher war diese deaktiviert und musste vom Nutzer gezielt aktiviert werden. Jetzt geht man den anderen Weg und der Nutzer muss diese Meldung gezielt deaktivieren – was die Nutzungszahlen von Inbox zumindest kurzzeitig in die Höhe schießen lassen dürfte. Derzeit scheint es so, dass nur Nutzer die Meldung angezeigt bekommen, die bisher mindestens einmal Inbox ausprobiert haben. Aber nicht alle Inbox-Tester bekommen die Meldung angezeigt, möglicherweise handelt es sich auch hier wieder um einen langsamen Rollout oder eine gezielte Maßnahme auf bestimmte Nutzergruppen.
Auf lange Sicht wird Google sicherlich keine zwei Mail-Clients betreiben und wird sich irgendwann für eines der beiden entscheiden müssen: GMail oder Inbox. Ich würde nun nicht so weit gehen zu sagen, dass man sich für Inbox entschieden hat und das Ende von GMail besiegelt ist, aber mit dieser automatischen Weiterleitung hat Google schon Fakten geschaffen und möchte möglichst viele Nutzer vom klassischen Produkt weglocken. Vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch alle anderen Nutzer die Verwendung von Inbox nahegelegt wird, die das Tool noch gar nicht kannten.
Da GMail einer der meistgenutzten Mail-Clients weltweit ist, muss ein solcher Schritt natürlich gut durchdacht sein und behutsam ausgeführt werden. Möglicherweise wartet man nun erst einmal die Reaktionen auf diese Meldung ab, und entscheidet dann über einen weiteren Rollout.