Schon seit vielen Jahren ermittelt die EU-Wettbewerbskommission gegen Google und wirft dem Unternehmen vor, die eigene Marktmacht zu missbrauchen und Konkurrenten systematisch aus dem Geschäft zu drängen. Lange Zeit hatte sich Google in dem Verfahren auch sehr kooperativ gezeigt, doch der Kommission waren all die Vorschläge stets nicht ausreichend und wurden praktisch kommentarlos abgelehnt. Daher geht Google nun in den vollen Gegenangriff über und zweifelt nun das gesamte Verfahren an. Doch die Argumentation steht auf sehr wackligen Füßen.
In dem Verfahren geht es hauptsächlich um die Integration weiterer Angebote wie Maps oder Shopping in die Suchergebnisse, mit denen der Nutzer direkt auf das nächste Google-Produkt weitergeleitet wird, und dann natürlich keine Angebote der Konkurrenz mehr benötigt. Google hatte daher angeboten, dass man auch andere Angebote der Konkurrenz integrieren würde und hat dies teilweise in der Vergangenheit bei einigen kleineren Themen auch schon getan – wie etwa bei Aktienkursen oder dem Wetter. Doch der EU-Kommission waren diese Zugeständnisse nicht genug.
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Da die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Behörde praktisch seit Jahren festgefahren ist und beide Seiten nicht zum Ergebnis bringt, prescht Google nun vor und möchte das Verfahren am liebsten komplett einstellen – und hat dafür sogar eine rechtliche Grundlage gefunden: Google kann seine marktbeherrschende Stellung nur dann ausgenutzt haben, wenn es eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Nutzer und dem Unternehmen gibt – aber dies ist laut Googles Anwälten nicht der Fall. Da Google die Suchmaschine vollkommen kostenfrei anbietet, und der Nutzer keiner Geschäftsbeziehung zugestimmt hat, kann es also gar kein Verfahren geben.
Damit es einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung geben kann, müsste es nach geltendem Recht eine ‚Geschäftsbeziehung‘ geben. Zwischen Google und den Nutzern bestehen aber keine Geschäftsbeziehungen.
Nun muss man dabei allerdings wohl zwischen angemeldeten und nicht angemeldeten Nutzern unterscheiden. Wer Google ohne Login aufruft, hat tatsächlich keine Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen und muss auch keinen Vereinbarungen zustimmen. Anders hingegen ist es bei eingeloggten Nutzern, denn diese haben sich vorher ein Konto beim Unternehmen angelegt und dabei auch den AGB zugestimmt – und dann gibt es (soweit ich das beurteilen kann) wieder eine Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Parteien. Nun muss Google eigentlich nur beweisen, dass nicht alle Nutzer ständig angemeldet sind, und schon ist das Verfahren tatsächlich auf wackligen Beinen.
Schon vor über zwei Monaten haben Googles Anwälte durchblicken lassen, dass man das Verfahren am liebsten endlich einstellen würde und haben alle Vorwürfe zurückgewiesen. In mehr als 100 Seiten hat man alle Vorwürfe entkräftet und der EU-Kommission eine schöne Hausaufgabe gegeben. Mit dem jetzigen Schritt bekräftigt man dies noch einmal, und bisher hat sich die Kommission noch nicht zu diesem umgekehrten Frontalangriff geäußert.
Google spielt allerdings auch mit dem Feuer, denn es stehen aktuell Strafen von bis zu 6,6 Milliarden Dollar und sogar eine Aufspaltung des Unternehmens im Raum. Diese unendliche Geschichte dürfte uns aber noch sehr lange Zeit begleiten.