Mit den neuen Google Photos und der intelligenten Sortierung hat Google wieder einmal unter Beweis gestellt wie gut man mittlerweile darin ist, Fotos bzw. deren abgebildete Inhalte zu erkennen. Doch tatsächlich war man schon vor über fünf Jahren so weit und hatte mit Goggles eine App vorgestellt die all dies schon konnte. Doch mittlerweile scheint Google die App längst vergessen zu haben – was extrem schade ist!
Als Goggles im Dezember 2009 veröffentlicht wurde, war die App für Privatnutzer eine kleine Sensation und bot eine solch intelligente Bilderkennung, wie es davor noch kein Produkt für den Privatgebrauch gezeigt hatte. Und das ganze funktioniert denkbar einfach: Einfach ein Foto mit der App schießen oder eines aus der Galerie öffnen, und nach kurzer Analyse werden Ergebnisse angezeigt. Die erkannten Objekte werden dann auf dem Bild farbig eingerahmt und die Ergebnisse am unteren Bildschirmrand angezeigt.
Goggles kann dabei sowohl Gegenstände, Logos, Buch- und DVD-Cover oder auch Gebäude erkennen. Außerdem konnte Goggles auch ganze Texte erkennen und diese in eine beliebige Sprache übersetzen. Zeitweise hatte man auch einige Fun-Features wie etwa das Lösen von Sudokus mit an Bord, doch schon nach einigen Monaten hatte man diese Funktion wieder abgestellt – obwohl sie damals sehr gute und zuverlässige Ergebnisse geliefert hat. Nach dem anklicken eines Ergebnisses konnte man dann teils weiter interagieren, sich weitere Bilder anzeigen oder mit dem aufgenommenen Text eine Websuche durchführen – je nach dem was Goggles in dem Foto entdeckt hat.
In den kommenden Jahren wurde Goggles dann immer weiter verbessert und hatte am Ende sogar noch eine Live-Suche spendiert bekommen, die ständig im Sucher der Kamera nach Objekten gesucht hat. Doch Ende 2012 war es dann vorbei und das Projekt wurde, zumindest hat es nach Außen hin den Anschein, fallen gelassen. Das Lösen von Sudokus ist längst Geschichte, die Foto-History sowohl in der App als auch im Browser lange nicht mehr vorhanden und an der Erkennung von Texten und Bildern wurde lange nicht mehr geschraubt, so dass die Qualität im Laufe der Zeit natürlich weiter gesunken ist bzw. von anderen Apps überholt wurde.
Einige Funktionen wurden ausgelagert
Viele Funktionen die mit Goggles in den ersten Jahren ausprobiert worden sind, sind mittlerweile in anderen Google-Produkten aufgetaucht.
1. Google Photos
Google Photos ist mittlerweile sehr gut darin Objekte in Fotos zu erkennen und diese daraufhin zu kategorisieren. Doch auch wenn Photos vielleicht erkennt dass es sich auf dem Foto um das Schloß Schönbrunn in Wien erkennt, gibt Photos die Information nicht frei. Das Foto wird dann lediglich in die Kategorie „Bauwerke“ oder „Schlösser“ eingeordnet, aber weitere Details bleiben dem Nutzer verborgen – was eigentlich aufgrund der schon damaligen Möglichkeit der Erkennung vollkommen unerklärlich ist.
Auch das durchsuchen der eigenen Bilder-Datenbank nach dem Inhalt des Fotos ist seit zwei Jahren möglich, also sind diese Bilder längst mit den Informationen im Index verbunden. Aber statt dem Nutzer mitzuteilen was er gerade in den Ergebnissen vor sich sieht, wird auch dies wieder geheim gehalten und nur stur eine Auflistung aller passenden Fotos präsentiert.
2. Google Bildersuche
Die Bildersuche kann es dem Nutzer schon etwas leichter machen, herauszufinden was auf dem Bild zu sehen ist: Dazu kann einfach „Search by Images“ genutzt und ein Foto direkt in die Bildersuche hochgeladen werden. Anschließend werden innerhalb weniger Sekunden ähnliche Bilder angezeigt, was doch relativ gut funktioniert. Aber fast noch viel wichtiger ist es, dass die Websuche den dazu passendsten Suchbegriff angibt – der in den meisten Fällen den Bildinhalt identifiziert.
Doch auch hier funktioniert das ganze nur dann, wenn das Objekt wirklich klar zu erkennen und als einziges auf dem Foto ist. Sind auf einem Foto mehrere Objekte zu erkennen, kann die Bildersuche damit wenig anfangen und findet dementsprechend auch keine ähnlichen Bilder und kann keine dazu passenden Begriffe ausspucken. Die Funktion wäre also da, aber die Umsetzung ist noch mangelhaft – vor allem weil wir wissen, was mit Goggles bereits vor einigen Jahren möglich gewesen ist.
3. Google Translate
Die Erkennung und Übersetzung von Text wurde erst vor wenigen Monaten in Google Translate integriert und bietet dabei sogar eine Live-Erkennung und eine Live-Übersetzung. Diese Funktion ist wirklich sehr gut umgesetzt und hat Goggles um Meilen überrundet – wenigstens hier hat man also fleißig weiter entwickelt und die zur Verfügung stehenden Technologien auch genutzt. Auch das Google Drive hat eine OCR-Funktion bekommen, die mittlerweile sehr gut darin geworden ist ganze Wörter, Sätze und auch Dokumente zu erkennen.
Warum wird Goggles nicht weiter entwickelt?
Die mit Goggles erprobten Technologien wird also in verschiedenen Produkten weiter verwendet. Zwar hatte Google von Anfang an klar gemacht, dass man Goggles eher als Testprodukt und Spielwiese ansieht, aber hatte es dann so weit aufgebohrt dass es auch heute noch von vielen Nutzern genutzt wird. Laut Play Store kommt es trotz der Kastration und Stagnation der letzten Jahre noch auf eine Installationsbasis von über 10 Millionen Geräten. Was wohl vor allem daran liegt, dass keine der oben genannten Beispielen Goggles wirklich ersetzen kann.
Goggles bietet auch noch einige weitere Funktionen wie etwa das einscannen und auslesen von Visitenkarten oder eben das scannen und erkennen von QR-Codes. Beide Funktionen haben es bis heute nicht in andere Google-Produkte geschafft, so dass die Nutzer weiterhin auf Goggles angewiesen sind oder eben andere Produkte nutzen muss. Ein Tool wie Goggles würde Google Photos sicherlich sehr gut tun – vor allem wenn man bedenkt, was vielleicht mit der heutigen Technologie schon möglich ist. Zwar sind einige Technologien schon an anderer Stelle im Einsatz, aber eine All-in-One-App zur kompletten Fotoerkennung hat auch heute noch jede Menge Potenzial – vielleicht sogar viel mehr als in der Vergangenheit.
Doch leider wirkt es so, als wenn Google einfach vergessen hat bei Goggles den Stecker zu ziehen und die App einzustellen. Der Verlauf wurde schon lange gelöscht, die Goggles-Website leitet nur noch auf einen kurzen Eintrag im Support-Center weiter. Wirklich sehr schade.