Mit dem vor knapp einem Jahr vorgestellten Cardboard wollte sich Google eigentlich nur über die Bemühungen der Konkurrenz lustig machen, und zeigen dass man eine einfache VR-Brille auch mit einem Pappkarton entwickeln kann – so zumindest die einhellige Meinung der Beobachter. Doch Intern hat man das Produkt vielleicht schon von Anfang an ziemlich ernst genommen, und ist nun bereit für den nächsten Schritt: Eine prominente Personalie beweist, dass das Cardboard vielleicht die Grundlage für Googles VR-Zukunft ist.
Wer sich in das Thema VR einarbeiten oder das ganze einfach einmal ausprobieren möchte, bekommt das Cardboard schon für etwas mehr als 6 Euro, ein Premium-Modell ist ebenfalls schon ab 15,90 zu haben. Unter anderem so lässt sich der Erfolg des Cardboard sehr schnell erklären, doch bisher mutet dem Projekt immer noch das Label des Scherzprojekts an – aber damit könnte es schon bald vorbei sein. Google treibt die Entwicklung ordentlich voran und hat nun einen prominenten Designer an die Spitze des Projekts gesetzt.
Der Designchef der Google Websuche, dem wichtigsten Produkt und der Cashcow des Unternehmens, Jon Wiley, hat seine Position aufgegeben und zum Cardboard-Projekt gewechselt – wo er nun ebenfalls das Design verantworten wird. Natürlich wird der Design-Chef des wichtigsten Produkts eine solche Position nicht annehmen wenn das Unternehmen keine große Zukunft in dem Projekt sieht – und genau das macht diesen Wechsel so interessant. Bisher ist das Cardboard noch ein einfacher Pappkarton in den ein Smartphone eingeschoben wird, das dann mit speziellen Apps einen VR-Effekt erzeugt.
Wiley könnte sich nun der gesamten Oberfläche annehmen und die Apps vereinheitlichen. Auch dürfte er sich dem Design der eigentlichen Hardware – wenn man sie denn so nennen möchte – annehmen. Der Pappkarton ist natürlich eine gute Möglichkeit um den Preis extrem zu drücken und zu experimentieren, aber in Zukunft dürfte auch Google hier wohl auf ein anderes Material setzen. Schritt für Schritt eben, so wie Google jedes Projekt angeht. Möglicherweise wird dann in Zukunft auch das Konzept umgekrempelt und das eingeschobene Smartphone durch ein integriertes Display ersetzt.
Wie genau das Cardboard-Projekt nun weiter geht steht also in den Sternen, aber Wiley und Google dürften große Pläne haben. Denkbar wäre in Zukunft auch eine Vereinigung mehrerer Projekte in dieser Richtung, die Wiley nun vornehmen soll: Cardboard, Google Glass und das von Google finanzierte Start-Up Magic Leap (siehe Video). All diese Projekte haben zwar eine gänzlich andere Ausrichtung, setzen aber alle auf ein brillenartiges Gerät dass den Nutzer direkt Informationen oder Bilder vor dem Auge einblendet – eine Zusammenlegung wäre also durchaus denkbar – und würde den Wechsel noch eher erklären.
John Underkoffler, UI-Designer Minority Report
People are trying to invent the display part, and they’re not yet worrying properly about the UI. No one has a UI for it. So that puts VR pretty much in the position of being a playback mechanism.
Tatsächlich hat sich VR stets damit beschäftigt, Dinge einzublenden oder den Nutzer bestimmte Bilder oder Videos anzuzeigen – eine tatsächlich nutzbare Benutzeroberfläche gab es bisher aber noch nicht. Hier eine simple Lösung zu finden dürfte eine Herausforderung sein, und genau dieser dürfte sich Wiley nun stellen. Man darf gespannt sein wie die Entwicklung des Cardboards weiter gehen wird, vielleicht hat man auch auf der I/O schon neue Dinge anzukündigen. Wann genau Wiley die Position gewechselt hat ist unbekannt, Google und auch das G+-Profil des Designers haben den Wechsel aber nach aufkommenden Berichten bestätigt.