Gestern Abend hat Mark Zuckerberg eine riesige Bombe platzen lassen und richtig viel Geld auf den Tisch gelegt: Facebook übernimmt WhatsApp für 19 Milliarden Dollar und zementiert damit seinen 1. Platz unter den weltweiten Kommunikations-Plattformen. Aber nicht nur die 450 Millionen WhatsApp-Nutzer dürften aus allen Wolken gefallen sein, sondern auch Google. Schließlich hatte man selbst Interesse an WhatsApp.
Auch wenn es von allen Seiten dementiert wurde, gab es im April vergangenen Jahres ziemlich intensive Gespräche über eine mögliche Übernahme von WhatsApp durch Google. Da der CEO und Gründer von WhatsApp, Jan Koum, aber sehr enge Vorstellungen über die Finanzierung und Zukunft seines Messengers hat, wurde diese Übernahme dann doch noch abgeblasen. Man wollte lieber unabhängig bleiben und den Nutzer nicht mit Werbung oder Featuritis nerven – das hatte Koum erst vor wenigen Wochen noch einmal bekräftigt.
Und nun ist Koum bei einer Summe von gigantischen 19 Milliarden Dollar – 4 Milliarden in Bar, 12 Milliarden in Facebook-Aktien und weiteren 3 Milliarden im Laufe der nächsten 4 Jahre – doch schwach geworden und hat seinem Baby ein neues zu Hause gegeben. Aber selbst für diese Summe hat er Facebook bei weitem nicht alle Freiheiten gelassen. Vorerst soll es für den Nutzer keine Änderungen geben, es soll keine Werbung angezeigt werden, WhatsApp bleibt als Marke erhalten und auch das Team bleibt weiterhin in Mountain View.
Wie genau die Zukunft von WhatsApp und Facebook nun aussieht ist noch völlig offen, eine Verschmelzung der beiden Messenger wird aber auf lange Sicht wohl unausweichlich sein. Einher mit dem geht natürlich auch die Verbindung des Facebook-Accounts mit dem WhatsApp-Konto, wobei gerade dieser Punkt viele Nutzer wohl kaum begeistern dürfte. Auch die Frage der Finanzierung steht im Raum – das Modell für 1 Dollar pro Jahr deckt zwar die Kosten, wird aber niemals die 19 Milliarden Dollar einspielen.
Wie reagiert Google?
Interessant wird nun auch die Reaktion seitens Google sein, immerhin dürfte man sich der Bedeutung von WhatsApp sehr wohl bewusst sein. Mit Hangouts hat man zwar ein Konkurrenzprodukt, konnte sich aber bisher kaum am Markt etablieren. Die Zusammenführung der diversen Google-Chats zu einer Plattform wurde zwar von vielen Nutzern begrüßt, genutzt wird dies aber in der Regel nicht. Die Oberfläche ist dafür auch einfach nicht „sexy“ genug.
Direkte Kommunikation ist eines der Hauptpfeiler von Googles Geschäftsmodell, wird aber durch diese Übernahme nun schwer unter Druck gesetzt. Ein Abwandern der Nutzer von WhatsApp / Facebook zu Google ist kaum wahrscheinlich, da in der Öffentlichkeit beide Unternehmen als Datenkraken wahrgenommen werden. Nun gilt es also, alle Kraft in Google+ & Hangouts zu investieren und die Nutzer wieder für sich zu gewinnen – die dafür nötigen Voraussetzungen bringt Google auf jeden Fall mit.
Mit GMail hat man einen der beliebtesten Mail-Dienste, in den die Hangouts noch sehr viel tiefer integriert werden könnten – das kleine Chatfenster am linken Rand dürfte wohl kaum ein Nutzer wahrnehmen. Außerdem besitzt man die Herrschaft über Android und kann die Nutzer durch eine vernünftige SMS-Integration, die es zwar derzeit schon gibt aber wohl nur als Witz bezeichnet werden kann, zur Nutzung von Hangouts bewegen.
Ein offizielles Statement eines Google-Vertreters zur Übernahme steht derzeit noch aus, möglicherweise wird man sich auch gar nicht äußern. Auf twitter haben einige Google-Manager allerdings nur ungläubig mit dem Kopf geschüttelt und halten den Preis von 19 Milliarden für weit überzogen. Abwarten.