Googles Anwälte: GMail-Nutzer dürfen keine Privatsphäre erwarten

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Auweh: In einem Statement zu einem aktuell in den USA laufenden Verfahren gegen GMail vertreten Googles Anwälte die Meinung, dass die Nutzer des hauseigenen Mail-Angebots keine Privatsphäre erwarten dürfen. Es sei völlig normal dass Nachrichten auch von Dritten gesehen und daraus Schlüsse gezogen werden.


In einem aktuell laufenden US-Verfahren klagt ein Nutzer gegen die kontextbasierten Werbeanzeigen in GMail. Um diese anzeigen zu können, schickt Google den kompletten Inhalt der Mail durch einen Algorithmus um passende Werbung auswählen zu können. Dieses Vorgehen praktiziert Google nun seit nahezu 10 Jahren und sorgt seit dem Start von GMail im Jahr 2004 immer wieder für Diskussionsstoff.

Um das Verfahren einzustellen haben Googles Anwälte ein 39-seitiges Schriftstück aufgesetzt in dem die Stellung des Unternehmens zur Privatsphäre doch sehr überraschend dargestellt wird. Der Nutzer muss sich nicht wundern wenn seine Mail auch von einem Dritten (In diesem Fall handelt es sich nur um einen Algorithmus) gelesen und ausgewertet wird.

Just as a sender of a letter to a business colleague cannot be surprised that the recipient’s assistant opens the letter, people who use web-based email today cannot be surprised if their emails are processed by the recipient’s [e-mail provider] in the course of delivery. Indeed, ‚a person has no legitimate expectation of privacy in information he voluntarily turns over to third parties.

Google vergleicht den eigenen Mail-Dienst mit einer Poststelle in einem Unternehmen, in dem ebenfalls die Post geöffnet, gelesen und dann in die entsprechenden Abteilungen sortiert wird. Korrekterweise aber nehmen nur die vom Nutzer händisch angelegten Mail-Filter die Poststellenfunktion ein, und in diesem Fall ist es vom Nutzer ausdrücklich gewünscht dass seine Post „geöffnet“ wird.

Tatsächlich muss sich GMail mit einem Post-Unternehmen vergleichen, dass einen Brief im Normalfall natürlich nicht öffnet. Das Unternehmen interessiert sich nur für die Header-Daten (=Anschrift & Absender) um den Brief richtig zustellen zu können. Der Inhalt selbst interessiert weder den Postbeamten noch die Sortiermaschine oder den Postboten. Was dann in der Poststelle des Empfängers (Die Arbeit der Post bzw. GMail ist in diesem Fall getan) weiter geschieht ist wieder Sache des Nutzers.


Gut möglich dass Google diese Aussage schon bald revidieren oder anders formulieren wird, aber jetzt steht das Dokument erst einmal im Netz und wird sich in den Köpfen der Nutzer festsetzen. In der Praxis werden Mails tatsächlich von einer Maschine gelesen, dies kann aber nicht damit gleichgesetzt werden dass die Nutzer keine Privatsphäre erwarten sollten…

» Das Dokument der Google-Anwälte

[futurezone]




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comment 12 Kommentare zum Thema "Googles Anwälte: GMail-Nutzer dürfen keine Privatsphäre erwarten"

  • Das erzähle ich auch immer allen, die diese Werbeanzeigen von Google kritisieren: Jeder verdammte Mailprovider schaut in eure Mails – um Spam zu filtern, um Viren zu scannen… das ist nichts anderes. Alles nur Vertrauenssache.

  • Die Anwälte wollen wohl mehr Geld von Google. *lool*. Anders kann ich mir diesen „Schuss“ gegen den eigenen Mandanten nicht erklären.

    Spass beisete: Wer auf die Werbelinks in GMail so sehr achtet, scheint sehr langweilige Mails zu bekommen. Wobei ich niemanden hier beleidigen möchte.

    Und das mit der Privatsphäre im Netz hat sich doch schon weit vor der Geschichte mit der NSA erledigt.

  • Die Formulierung „Dritte“ ist wirklich schlecht gewählt. Ein Algorithmus ist etwas ganz anderes als eine Person / Behörde.
    Besonders wenn man als Gmail Firmenkunde den betreffenden Satz liest dürfte einem der Arsch auf Grundeis gehen. Man hat ja auch Verpflichtungen gegenüber den eigenen Kunden / Zulieferern was Vertraulichkeit angeht.

    Völlig klar ist natürlich (wie schon bemerkt) das jeder Anbieter die Mails aus (SPAM / Werbe) Gründen aufmacht. Sogar die _angeblich_ verschlüsselte DeMail.

  • Hier geht es ja darum, dass sich manche Leute beschweren, dass ihre Mails, die sie an den Empfänger schicken, nicht nur von ihm gelesen werden.

    Google hat hier durchaus recht, wenn sie sagen, dass der Absender keinen Einfluss mehr darauf hat, was der Empfänger, oder eben seine genutzten technischen Systeme, mit der Email machen, wenn sie erst einmal verschickt wurde.

    Wenn ich einen Brief auf Papier schreibe, kann ich auch nicht verhindern, dass der Empfänger ihn in allen erdenklichen Formen anderen Leuten zugänglich macht.

  • Leider ist diese Fehlinterpretationen auch vielen News Seiten zu „verdanken“. TheNextWeb hatte da etwas passendes zu geschrieben. Da wurden immer mehr Anführungszeichen und Zitat Markierungen entfernt bis ein völlig falscher Zusammenhang entstand. Teilweise ging es auch um andere eMail Provider und dass gmail Nutzer nicht erwarten sollten das Googles Privacy Policy Regeln ziehen wenn man eMails an andere eMail Anbieter sendet, da diese es anders handhaben könnten.

    Da wurde Google aus zu viel Transparenz und Ehrlichkeit mal wieder ein Strick gedreht.

  • Emails sind eher Postkarten als Briefe – dieser Vergleich ist auch schon Jahre alt.
    …aber vielleicht steigt dieser Herr Algorithmus (übrigens ein entfernter Verwandter von Edward Snowden) auch mal irgendwann aus und erzählt dann dem Guardian, was DU letzte Woche Deiner Oma gemailt hast 🙂

  • Nun, auch wenn die Original-Meldung kontrovers ist, was die Interpretation betrifft, so ist es doch sicher, dass Google gar keine Privatsphäre garantieren kann. Genauso wenig wie irgendein anderer amerikanischer Dienst.
    Diese sind per Gesetz verpflichtet Zugriff auf die Mails unter bestimmten Bedingungen zu geben.
    Auch einer kürzliche Gerichtsentscheidung betreff dem Schutz von älteren Mails, kann Google nichts entgegen setzen. Demnach verlieren Mails nach 180 Tages jeglichen Schutz als privates Dokument https://en.wikipedia.org/wiki/Email_privacy

    Von daher ist eine Diskussion ob Google einen Schutz leisten will nicht relevant. Sie dürfen nicht. Die Schließung von den vermeintlichen sicheren Diensten wie Lavabit durch Druck auf die Betreiber ist deutlich.

    Eigener Mailserver oder vollverschlüsselte anonyme Dienste wie Posteo.de oder kolab.ch sind meiner Meinung nach die einzigen halbwegs sicheren Möglichkeiten.

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