In der Informationsgesellschaft steigt die Bedeutung des Urheberrechts und damit die Notwendigkeit von Regelungssystemen für informationelle Güter. Die Chancen für Nutzer, Schöpfer und Verwerter dieser Güter hängen in erheblichem Maße von der Ausgestaltung des rechtlichen Rahmens ab.
Feinkorrekturen der Rechtsstrukturen aus dem „analogen Zeitalter“ reichen in einer zunehmend digitalen Welt nicht mehr aus. Zu diesem Fazit kommen die Experten des „Internet & Gesellschaft Co:llaboratory“, dessen dritte Initiative heute mit der Vorstellung des Abschlussberichtes in Berlin abgeschlossen wurde.
40 Experten aus unterschiedlichen Bereichen haben sechs Monate über das Thema diskutiert und dabei als ein Ergebnis den vorliegenden Abschlussbericht erarbeitet. Dabei wurden in einem ersten Schritt Motivation und Bedürfnisse verschiedener Akteure analysiert und fünf Archetypen (Wissenschaftler, Journalisten, Kreative, Verwerter, Archive) definiert. Im zweiten Schritt entwickelte man in einem Koordinatensystem, das durch die beiden Achsen Kontrollierbarkeit und Kompensationsmöglichkeit von Urheberrechten definiert wird, drei Szenarien für das Jahr 2035: Kultursteuer, „Pay-per-Use“ („Micropayments“) sowie eine „Freeconomy“. In diesen drei „Referenzwelten“ lassen sich Veränderungen verschiedener Faktoren analysieren und Vor- und Nachteile für die verschiedenen Archetypen ermitteln. Tatsächlich rechnen die Experten jedoch mit einer „Mischform“ aus den drei Szenarien. Parallel schließlich formulierte eine kleinere Gruppe innerhalb des Expertenkreises Leitlinien für die künftige Regelung von informationellen Gütern. Deren vordringlichstes Ziel ist die Förderung kreativer Leistungen und damit des kulturellen, technischen und wissenschaftlichen Fortschritts.
Neben seiner inhaltlichen Arbeit stellte das Co:llaboratory auch einige organisatorische Erweiterungen vor. So stößt nun nach Google, Fraunhofer FOKUS, SMBS und Creative Commons auch Wikimedia Deutschland zum Kreis der institutionellen Mitglieder des Co:llaboratory. „Als gemeinnütziger Verein zur Förderung Freien Wissens ist es für uns von entscheidender Bedeutung, gesellschaftliche Verantwortung zu zeigen, unsere Position in der politischen Öffentlichkeit darzustellen und weiter auszubauen. Durch die Teilnahme am Internet & Gesellschaft Co:llaboratory können wir unsere Ziele gut einbringen“, so Pavel Richter, Geschäftsführer Wikimedia Deutschland.
Das Co:llaboratory wird künftig verstärkt via YouTube, Twitter und Facebook sowie eine neue Webseite über seine Aktivitäten berichten. Neben der etablierten Abschlussberichte werden ab Mai auch kürzere Arbeitspapiere in einer „Paper Series“ veröffentlicht, in der internetpolitische Vorschläge eines Autoren von verschiedenen Akteursgruppen kommentiert werden. Einzelne Arbeitsgruppen innerhalb des Co:llaboratory organisieren sich künftig als „Ohus“ (Maori für Arbeitskreis); auch deren Themen und geplante Workshops werden demnächst auf der Webseite vorgestellt. Aufgrund der zahlreichen neuen Aufgaben erhöht Google als institutioneller Partner seine finanzielle Förderung des Co:llaboratory für 2011 auf insgesamt 200.000 Euro.
Die vierte große Initiative des „Co:llaboratory“ zum Thema „Privatheit und Öffentlichkeit“ hat ihre Arbeit bereits aufgenommen und wird auf der am Mittwoch beginnenden re:publica einen Workshop abhalten. Einen Überblick über diesen und weitere Veranstaltungen des Co:llaboratory auf der re:publica findet man hier.
Der erste Bericht kam im Juli 2010, der zweite folgte im Oktober.