Street View: Das Medienecho der ‚WLAN-Panne‘
Am gestrigen Sonnabend informierten wir, dass bei den „WLAN-Fahrten“ um Street View auch Nutzdaten gespeichert wurden. Diese Panne sei ein Irrtum gewesen und werde unter genaue Beobachtungen geraten. Viele Medien haben darüber berichtet, allen voran die Print- und Onlinemedien. Wir haben aufgedröselt, wie die Meinungen zu dem Debakel sind.
Peter Schaar; Blogeintrag „Google erfasst „versehentlich“ Inhalte der WLAN-Kommunikation“:
Alles war also ein Versehen, ein Softwarefehler! […] Folgt man dieser Erklärung, heisst dies: Die Software wurde eingesetzt, ohne dass sie vorher hinreichend getestet wurde. […] Erst als der Hamburgische Datenschutzbeauftragte sich nicht mit den Erklärungen des Unternehmens zufrieden gab und den Code und die Daten sehen wollte, fiel dem Unternehmen sein Missgeschick auf.
[…]
Das Unternehmen hat jetzt die Chance, die Kritik zu entkräften, […] Nur so wird sich klären lassen, ob es sich um die systematische Verletzung des Datenschutzes oder eben nur um eine kleine Fahrlässigkeit gehandelt hat.
Kontra Street View: Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar über eine Panne, die erst neulich entdeckt wurde und erst bekannt gegeben wurde, nachdem das OK für Street View kam.
FAZ.net; „Schlamperei oder Vorsatz?“:
Allgemein anerkannt ist, dass Google über viele der besten Programmierer der Welt verfügt. Die Software der Street-View-Fahrzeuge wurde angeblich vor dem Einsatz getestet, auch hinsichtlich des Datenschutzes. Und doch soll jahrelang niemandem aufgefallen sein, dass aus Versehen hunderte Gigabyte an Nutzdaten erhoben wurden?
Kontra Street View: FAZ begründet die Unglaubwürdigkeit mit der Mensch-Maschine-Theorie; Google ist unfehlbar, obwohl es auch nur Menschen sind.
Tagesspiegel.de; „Google liest mit“:
Der Fall macht erneut deutlich, wie groß Googles Macht – und wie wichtig auch die Verschlüsselung privater Funknetze ist.
Objektiv: Sowohl Google als auch die Nutzer der offenen WLAN-Netze bekommen ihr Fett ab.
ZDF „heute“; „Google nach Datenpanne in Kritik“:
Objektiv, aber leider als Aufhänger für die ganze Sendung. Es sieht sogar so aus, als gäbe es keine wichtigeren Themen.
ARD „Tagesschau“; „Jahrelange Aufzeichnung persönlicher Nutzerdaten bei „Street View“-Erfassung“:
Sehr objektiv
Rhein-Zeitung-Blog; „Der Böse Google hat nur geraucht – nicht inhaliert!“:
Wer nicht imstande ist, ein paar Einstellungen an seinem WLAN-Gerät zu tätigen, der sollte darauf verzichten und sich ein Kabel legen […] Die ganze Aufregung um die erfolgreiche und viel Nutzen stiftende Internetfirma – die zugegeben zu oft zu leichtfertig oder blauäugig mit dem sensiblen Thema Datenschutz umgeht – ist wieder mal ein Sturm im Wasserglas. Doch gut geeignet, um mit populistischem Geschwätz von wichtigeren, hausgemachten Problemen abzulenken.
Pro Street View: Die Anwender sind klar Schuld und die Politiker wetzen ihre Probleme auf Google ab…
Jörg Schieb, WDR; „Die Sache mit der Glaubwürdigkeit“:
Richtig schlimm ist, dass Google offensichtlich nicht mal selbst weiß, welche Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet werden – und das ist dann doch mehr als nur bedenklich. Das ist eigentlich ein Skandal. […] Immerhin hat Google sein Vergehen in einem Blogeintrag selbst zugegeben. […] Denn da fragen sich natürlich nicht nur Laien, sondern auch Daten- und Verbraucherschützer in aller Welt: Welche Daten speichert Google noch – ob nun versehentlich, wissentlich oder willentlich!?
Kontra Street View: Google soll seine Unternehmenspolitik grundlegend ändern. Wenn selbst Google nicht weiß, was sie speichern, wer dann?
Wall Street Journal; „Google sagt, dass es versehentlich Nutzdaten gesammelt hat“:
„Es ist ein weiteres Beispiel, wie dieses Unternehmen nicht die Gewalt über diese Unmengen an Daten hat“, sagte Jeff Cheaster […] Center for Digital Democracy.
Sehr objektiv, mit einem unabhängigen Berater vom Zentrum für Digitale Demokratie
gulli.com; „Street View: WLAN-Scans griffen auch Nutzdaten ab“:
Mit dieser Tat dürfte das Vertrauen in Google einen erneuten Tiefpunkt erreicht haben. Auch wenn es sich bei den gesammelten Daten nur um einzelne Fragmente handelt. Verschlüsselte Daten (bspw. HTTPS) seien nicht erfasst worden. Wie der Sprecher mitteilte, nehme Google den Vorfall jedoch sehr ernst.
Objektiv bis zum letzten Absatz, dann Kontra
Caschy’s Blog; „Google WLAN“:
die meisten aktuellen Router werden werksmäßig bereits mit aktivierter Verschlüsselung ausgeliefert. Wer ein offenes WLAN betreibt, ist selber schuld und hat wahrscheinlich ganz andere Probleme als ein vorbei fahrendes Auto von Google. Nämlich jeden anderen, der in seinem Umfeld wohnt und böse Absichten hat.
Pro Street View: WLAN-Nutzer sind in der Verantwortung, nicht Google.
Chromoid; „Google Street View: Ein paar WLAN-Daten mehr“:
Es hört sich überhaupt nicht nach einem Datenskandal an, eher nach einer technischen und organisatorischen Panne […] Aber auch wenn niemand etwas mit den aufgefangenen Datenschnipseln hätte anfangen können […] Andere sammeln weiter: […] Natürlich werden solche Daten auch weiterhin gesammelt. Das darauf spezialisierte Unternehmen Skyhook Wireless macht es weltweit und auch in Deutschland. Auch das öffentlich geförderte Fraunhofer-Institut IIS ist seit Jahren damit beschäftigt, ohne dass jemand darin datenschutzrechtliche Probleme gesehen hätte. Es sind öffentlich ausgestrahlte Daten der Access Points.
Pro Street View: Eine ziemlich kontroverser Kommentar an die Medien und an die Politiker, die Google scheinbar als ihre Hauptaufgabe sehen.
Kristian Köhntopp; „Wie man aus Versehen WLAN-Daten mitschneidet“:
Insofern ist die Erklärung für den Ablauf der Dinge, die Google uns gibt, schlüssig und plausibel. […] Alles in allem finde ich das recht gut nachvollziehbar und geradezu vorbildlich gehandhabt, und verstehe die Hysterie und das Fingerzeigen in der Berichterstattung nicht. Oh, und falls einer von Euch noch ein ungesichertes WLAN am Laufen hat ohne AP-Betreiber zu sein – oder über ein beliebiges öffentliches Netz noch unverschlüsselt kommuniziert: Bitte ändert das. Wir haben 2010 und nach dem BGH-Urteil ist das sowieso… leichtsinnig.
Pro Street View: Sehr detaillierte Analyse der Situation. Wirklich jedes kleinste technische Detail wurde hinterfragt. Die Meinungen (z. B. vom „SPIEGEL“) auseinander genommen und daraus einen sehr lesenswerten Blogeintrag gebastelt.
vowe dot net; „Wer hat Angst vorm Butzemann?“:
Google fährt also mit Autos durch deutsche Städte, um die Mails von Leuten abzuhören, die zu blöd sind, ein WLAN abzusichern. Also nicht die ganzen Mails, sondern die Pakete die binnen der 0,2 Sekunden zufällig übermittelt wurden, in denen das Auto vorbeifuhr. […] Statt die Position, nicht die Daten, bei Skyhook zu kaufen, will Google die Daten nun selbst erfassen, wenn sie sowieso die Häuser abfotografieren. […] Wer so ein offenes WLAN betreibt, ist nicht so sehr in Gefahr, von Google „abgehört“ zu werden, sondern eher von seinem Nachbarn, der ein größeres Interesse daran haben könnte, was man so hinter seinen Gardinen treibt.
Pro Street View: Volker Weber über die „Dummheit“ von WLAN-Netz-Betreibern
Vielen Dank an Pro Google Street View für einige Quellen!
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Zum Schluss sei noch gesagt: Das waren noch lange nicht alle Kommentare und Nachrichten zu diesem Thema. Nur die wichtigsten, die erwähnenswert sind. Nun zu unserem meinem kleinen Kommentar (muss nicht unbedingt dem der ganzen Redaktion entsprechen):
Google Street View – Ein Dienst, der Schlagzeilen wie kein Zweiter macht. „Ohh, die böse Datenkrake möchte unser Privatleben erschnüffeln und schickt seine Drohnen los“, höre ich immer wieder aus allen Ecken. Das ist aber nicht ganz richtig, denn Google setzt sich dafür ein, dass es in Zukunft mal voran geht. Wenn mir in 5, vielleicht 6 Jahren jemand sagt „du, ich hab da einen Service, der zeigt mir Straßen in 3-D an“, dann sag‘ ich dem natürlich: „Das hat Street View schon vor 8 Jahren gemacht“. Hier geht es nicht darum, wer die größte Sammelleidenschaft hat, sondern wie man die Welt am Besten in diese Kiste bekommt, wo ihr grade lest, die sich Internet nennt.
Wer bitte nicht im Street View landen möchte, der kann ja gerne das Google-Formular nutzen, welches demnächst schon uns erfreut, und widersprechen. Das geht auch per Post (ja, wir vom GwB haben das schon oft erwähnt). Bleibt nun die Frage: Was veranlasst Google dazu, WLAN-Netze mitzuschneiden und dann auch noch Inhalte dieser WLAN-Fahrten. Die Frage lässt sich schnell beantworten, wenn man sich Unternehmen, wie Skyhook Wireless anschaut. Eigentlich eine unscheinbare Firma, die an Apple verkauft. Betrachtet man das aber näher, sieht man, dass Skyhook WLAN-Netze erfasst, um ebenso – ohne GPS-Daten – an den Standort zu kommen. Würden wir davon ausgehen (nein, ich möchte nichts unterstellen), dass Skyhook nebenbei in offene Netze eindringt, um bspw. nach Hause zu telefonieren, dann wäre das bestimmt nicht schlimm; die Firma würde es ja für sich tun.
Ich möchte hier Googles WLAN-Sammelei nicht gut heißen, ich möchte aber auch mal klar machen, was das eigentlich heißt: Google hat gezeigt, wie viele offene WLAN-Netze es gibt. Bei einer Größe von 600 GB an Nutzdaten-Fragmente und 5 WLAN-Netze pro Sekunde kommen nicht viel (brauchbare) Daten an. Dennoch wird ein riesiger Medienzirkus veranstaltet und Google als Buhmann hingestellt, der seine Technik nicht im Griff hat. Und das alles geschieht, um scheinbar von Problemen abzulenken, die im Moment sehr viel wichtiger sind. Und statt den Bürgern Schulungen anzubieten, haut man noch richtig auf Google. Also surft der Nachbar oder die Tochter von der aus dem 3. Stock fröhlich und munter weiter, weil war ja nichts gewesen – Google war ja der, der das WLAN-Netz offen hatte.
Die „Panne“ zeigt ganz deutlich: Die Medien reißen sich um jede News, die sie bekommen können. Anstatt die Bürger für mehr Sicherheit aufzurütteln, wird der Bösewicht Google davor geschoben. Das alles wäre nicht passiert, wenn viele Leute gleich ihr WLAN verschlüsselt hätten. Dann können auch keine IIS-Assistenten der Fraunhofer oder keine Skyhook Wireless-Leute an die Daten. Echt traurig. Ich finde, langsam muss mal richtig die Bombe platzen; warum machen sich unsere Verbrauchermagazine, -schützer und Datenschützer nicht einmal auf den Weg nach offenen WLAN-Netzen?
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